Glossar
ECTFE - Ethylen-Chlortrifluorethylen (Kel-F®)
Ethylen-Chlortrifluorethylen andere Bezeichnungen: Ethylen-Trifluorchlorethylen; Ethylen-Chlortrifluorethylen-Copolymer; Poly(Ethen-Co-Chlortrifluorethen) Kurzzeichen: ECTFE CAS-Nr.: 25101-45-5 |
Wichtige Handelsnamen und Markeneigner HALAR®ECTFE - Solvay Solexis SpA |
Geschichtliches Der Kunststoff Ethylen-Chlortrifluorethylen (ECTFE) ist eins der Resultate systematischer Fluorcarbonchemie-Forschung, die bereits in den 1920er Jahren begann und deren erstes technisch verwertbares Produkt das 1938 von dem Amerikaner Roy J. Punklett (1910-1994) entwickelte Polytetrafluorethylen (PTFE) war. In der Folgezeit brachte die chemische Industrie weitere Polymere auf der Basis von Fluorcarbonen hervor. Ethylen-Chortrifluorethylen (ECTFE) ist eine Entwicklung von Solvay. Das Produkt kam erst 1970 auf den Markt und ist trotz seiner günstigen chemischen und technischen Eigenschaften ein bislang nur selten eingesetzter Kunststoff geblieben. |
Allgemeine Beschreibung ECTFE ist ein linear aufgebautes, sogenanntes Block-Copolymer. Es setzt sich aus den beiden, jeweils zu Kettensegmenten verbundenen Molekülblöcken der Ausgangskomponenten Ethylen H2C=CH2 (Ethen) und Chlortrifluorethylen (Chlortrifluorethen) (Cl)FC=CF2 zusammen. Die allgemein gebräuchliche Stoffbezeichnung Ethylen-Chlortrifluorethylen statt Poly(ethen-co-chlortrifluorethen) wie auch das davon abgeleitete technische Kürzel ECTFE sind allerdings chemisch nicht korrekt. Üblicherweise enthält Poly(Ethen-Co-Chlortrifluorethen) beide Ausgangsmonomere Ethylen und Chlortifluoretylen in gleichen molaren Mengen, so dass, wie im Formelbild des Copolymeren angedeutet, m = n ist:
Aber auch andere Produktvarianten, bei denen m ≠ n ist, werden realisiert. |
Verarbeitung und Verwendung ECTFE ist ein thermoplastischer, schlagzäher Werkstoff, der schmilzt, ohne sich dabei zu zersetzen. Der hochwertige Industriewerkstoff ist frei von Zusatzstoffen, wie Weichmachern und Füllstoffen. Er laugt daher auch nicht aus und ist physiologisch unbedenklich. Zudem ist er im hohen Maße UV- und witterungsbeständig, widersteht auch hochenergetischer (radioaktiver) Strahlung und altert nicht. |
Chemische Eigenschaften Ethylen-Chlortrifluorethylen (ECTFE) steht chemisch dem Ethylen-Tetrafluorethylen (ETFE) sehr nahe. Es unterscheidet sich von ihm lediglich durch die Substitution eines der drei Fluoratome durch Chlor, wie mit nachstehendem Schema andeutet sein soll:
ECTFE ist, wie auch ETFE, gegenüber Alkoholen, aromatischen Kohlenwasserstoffen, Fetten und Ölen, Laugen und Säuren beständig. Lediglich freie Halogene greifen ECTFE reaktiv an. Alkalimetalle zerstören ECTFE wie auch alle anderen, halogenhaltigen Kunststoffe durch spontane chemische Halogenbindung vollständig. Der Sauerstoffindex LOI (limiting oxygen index) ist für ECTFE noch erheblich größer, als für ETFE, die beide in Luft nicht entflammbar sind. |
Handelsform ECTFE wird als hochreines Schmelzgranulat oder als Pulver für die Weiterverarbeitung durch typische Kunststoff-Verarbeitungsverfahren, wie Rotationsformen oder Spritzgießen gehandelt. |
Technische Daten | |
allgemeine Eigenschaften | |
Farbe | weiß |
spez. Gewicht | 1,70 bis 1,74 g / cm3 (DIN 53479) |
UV-Durchlässigkeit | |
< 300 nm | > 90 % |
<200 nm | > 99 % |
Feuchtigkeitsaufnahme (+23 °C; 50% rel. Feuchte) |
4 x 10-2 % (DIN 53175) |
thermische Eigenschaften | |
Schmelzpunkt | +220 °C bis +227 °C |
thermischer Arbeitsbereich | -75 °C bis +150 °C |
max. Dauereinsatztemperatur | +140 °C |
linearer Wärmeausdehnungskoeffizient | 8 x 10-5 / °C |
Sauerstoffindex (LOI) | > 52 % |
Einstufung nach UL 94 | V-0 (ISO 9772/9773) |
elektrische Eigenschaften | |
Dieelektrizitätskonstante (1 MHz) | 2,3 bis 2,6 (DIN 53483) |
Verlustfaktor (1 MHz) | 1,5 x 10-2 |
elektrische Durchschlagfestigkeit | 14,5 kV / mm |
spez. Durchgangswiderstand | > 1013 Ω / cm |
spez. Oberflächen-Widerstand | > 1014 Ω / cm-2 |
mechanische Eigenschaften | |
Kugeldruck-Härte | 65 MPa (DIN 53456) |
Shore-Härte | D 55 (ASTM D 2240) |
Elastzitätsmodul | 1,5 x 103 MPa (DIN 53457) |
Zugfestigkeit | 48 MPa (DIN 53455) |
Bruchdehnung | > 50 % (DIN 53455) |
dynamischer Reibungskoeffizient | 0,35 - 0,45 (ISO 7148-2) |
chemische Beständigkeit | |
Benzin und andere aliphatische Kohlenwasserstoffe | beständig |
Benzol, Xylol und andere aromatische Kohlenwasserstoffe | beständig |
Phenole | beständig |
halogenierte Lösungsmittel | beständig |
Ester, Ketone | beständig |
Natron- und Kalilauge | beständig |
Ammoniaklösung und aliphatische Amine | beständig |
Mineralsäuren | beständig |
organische Säuren | beständig |
Wasserstoffperoxid | beständig |
Heißwasser | beständig |
UV-Strahlung | beständig |
Halogene | unbeständig |
freie Alkalimetalle | völlige Zersetzung |
Weiterführende Literatur (1) H. Fitz in: W. Keim (Hrsg.) Kunststoffe. Synthese, Herstellungsverfahren, Apparaturen (4.5: Fluorpolymere), WILEY-VCH Verlag [2006], ISBN 978-3-5276-0836-2 (2) J. G. Drobny, Techology of Fluoropolymers, CRC Press [2009], ISBN 978-1-4200-6817-2 (3) S. Ebnesajjid, Fluoroplastics, Vol. 2: Melt Processible Fluoropolymers, Elsevier Inc. [2014], ISBN 978-1-4557-3197-8 (4) S. Koltzenburg, M. Maskus, O. Nuyken, Block- und Pfropfpolymere. In: Polymere - Synthese, Eigenschaften und Anwendungen. Springer Verlag [2014], ISBN 978-3-642-34772-6 |