Glossar
ETFE - Ethylen-Tetrafluorethylen
Ethylen-Tetrafluorethylen andere Bezeichnungen: Polyethylen-Polytetrafluorethylen-Co-Polymer, Poly(ethylen-Co-tetrafluorethylen) Kurzzeichen: ETFE CAS-Nr.: 25038-71-5 |
Wichtige Handelsnamen und Markeneigner DYNEON® ETFE - 3M / Dyneon FLUON® ETFE - Asahi Glass Co., Ltd. HOSTAFLON® ET - 3M / Dyneon TEFZEL® - DuPont |
Geschichtliches Ethylen-Tetrafluorethylen (ETFE) war zunächst eine zweckorientierte Modifizierung des Teflons® (PTFE), mit der um 1970 DuPont einen nichtbrennbaren Dämmstoff für die Luftfahrtindustrie entwickeln wollte. Wegen seiner unerwartet guten Schallleitung war das Produkt hierfür jedoch nicht geeignet. Stattdessen fand der neue Kunststoff, den DuPont unter dem Handelsnamen Tefzel® am Markt platzieren konnte, neben klassischen Verwendungen ähnlich Teflon®, sehr bald auch interessante Anwendungen als neuartiger Architektur-Leichtbauwerkstoff. |
Allgemeine Beschreibung ETFE verbindet technische, mechanische und chemische Eigenschaften des Teflons® (PTFE) mit denen von Polyethylen (PE). Der teilkristalline, partiell fluorierte Kunststoff gehört zu den Thermoplasten aus der Familie der Polyhalogenolefine. Er ist frei von Weichmachern und weist eine deutlich geringere Dichte gegenüber perfluorierten Kunststoffen, wie Teflon® (PTFE) und Perfluoralkoxy (PFA), auf. |
Verarbeitung ETFE wird vorwiegend durch Spritzgießen und Extrusion bei Temperaturen >260 °C zu Halbzeugen, insbesondere Folien, aber auch zu meist kleinteiligen Fertigfabrikaten verarbeitet. Anorganische Füllstoffe, wie Glasfasern, verbessern die mechanischen Eigenschaften des Kunststoffs weiter, insbesondere mindern sie das Fließen des Kunststoffs unter Belastung, das für Teflon® charakteristisch ist. |
Verwendung Die Hauptmenge des heute weltweit produzierten ETFE wird für großflächige, lichtdurchlässige Bedachungen und Wandverkleidungen eingesetzt, die aufgrund der Antihafteigenschaften von ETFE selbstreinigend sind. So besteht beispielsweise die Bedachung des Münchner Fußballstadions, die 2006 errichtete “Allianz-Arena“, aus über 1700 miteinander verbundenen, luftkissenartigen Hohl-Elementen, die aus nur 0,2 mm starker ETFE-Folie gefertigt sind; die Außenfassade ist mit mehr als 2500 solcher Elemente verkleidet. Insgesamt wurden für das Stadion 66.500 m2 ETFE-Folie verbaut. Darüber hinaus werden zunehmend Fassaden-, Bedachungs- und andere Fertigelemente aus ETFE für den Gewächshausbau und für lichtdurchlässige Gebäudeausrüstungen, wie Veranden, Wintergärten, Ateliers und Ausstellungshallen, eingesetzt, für die vorher klassisches Glas verwendet wurde. Wie andere perfluorierte Kunststoffe wird ETFE wegen seiner hohen chemischen Beständigkeit auch als korrosionshinderndes, inertes Beschichtungsmaterial im chemischen und technischen Apparatebau eingesetzt. Insbesondere hat sich ETFE als witterungsbeständiges Laminat für Solarmodule bewährt, wie auch für hochdruckfeste Kapillaren und druckbelastbare Chemieschläuche sowie Dicht- und Ventilsysteme in der Pharmaindustrie, der Medizin- und Lebensmitteltechnik und für Reinstwasseranlagen. Schließlich haben die günstigen elektrischen Eigenschaften des Kunststoffs ihm auch im Bereich der Leistungselektrik und -elektronik als langzeitbeständigen, durchschlagfesten und vorentladungssicheren Isolierwerkstoff wichtige Anwendungsfelder erschlossen. |
Chemische Eigenschaften Ethylen-Tetrafluorethylen (ETFE) ist ein Co-Polymer der beiden monomeren Komponenten Ethylen CH2═CH2 und Tetrafluorethylen CF2═CF2, wobei m ≠ n ist. In der industriellen Praxis wird meist ein ungefähres Molverhältnis von m : n = 1,2 : 1 eingehalten, so dass sich die ETFE-Qualitäten der verschiedenen Hersteller nur marginal voneinander unterscheiden. Chemisch ist ETFE ein Derivat des Teflons®. Demzufolge sind die chemischen Eigenschaften von ETFE mit denen von Teflon® (PTFE) sehr ähnlich: ETFE ist nicht nur lösungsmittelresistent und inhärent flammwidrig, sondern ebenso auch UV- und witterungsstabil. Ferner ist ETFE nach allen herkömmlichen Verfahren sterilisierbar. Beim Überhitzen zersetzt sich ETFE unter Freisetzung giftiger und ätzender Brandgase, die Kohlenmonoxid, Fluorwasserstoff sowie niedermolekulare Fluorkohlenwasserstoffe enthalten. Im Unterschied zu Teflon® zeichnen ETFE ein erheblich geringeres spezifisches Gewicht, hohe Transparenz und Lichtdurchlässigkeit sowie höhere Steifigkeit aus. Allerdings ist die Temperaturbelastbarkeit von ETFE im Vergleich mit Teflon® geringer, auch die Gleiteigenschaften erreichen nicht die Werte von Teflon®. |
Handelsformen ETFE-Granulat ist für die Fertigung von Formteilen durch Spritzgießen und Extrusion verfügbar. Wichtigste ETFE-Handelsprodukte sind jedoch Folien und Platten in Stärken von wenigen Mikrometern bis in den Millimeterbereich. |
Technische Daten | |
allgemeine Eigenschaften | |
Dichte | 1,67 - 1,75 g/cm3 (DIN 53479) |
Farbe | glasklar; transparent einfärbbar |
max. Lichtdurchlässigkeit | |
sichtbares Licht (700 - 400 nm) | 90 % |
UV-A (380 - 315 nm) | 100 % |
UV-B (315 - 280 nm) | 50 % |
UV-C (<<280 nm) | totale Absorption |
Wasseraufnahme | |
in Atmosphäre 23 °C/50% rel. Feuchte | <0,05 % (DIN EN ISO 62) |
in Wasser 23 °C/Wassersättigung | 0,03 % (DIN EN ISO 62) |
LOI-Index | >30 % |
Brandklasse UL 94 | V-0 |
thermische Eigenschaften | |
Wärmeleitfähigkeit | 0,24 W / K · m |
spezifische Wärmekapazität | 0,9 J / K· g |
Schmelztemperatur | +265 bis +275 °C |
Zersetzungstemperatur | > +340 °C |
linearer Wärmeausdehnungskoeffizient | 1,3-4 / K (DIN 53752) |
maximale Einsatztemperatur | |
kurzzeitig | +170 °C |
dauerhaft | +150 °C |
minimale Einsatztemperatur | -100 °C |
elektrische Eigenschaften | |
Dielektrizitätskonstante (50 Hz) | 2,6 (IEC 60250) |
Dielektrizitätskonstante (1 MHz) | 2,6 (IEC 60250) |
Dielektrischer Verlustfaktor (50 Hz) | 6 · 10-4 (IEC 60250) |
Dielektrischer Verlustfaktor (1 MHz) | 5 · 10-3 (IEC 60250) |
Durchschlagfestigkeit | 40 kV / mm (IEC 60243-1) |
spezifischer Durchgangswiderstand | 1016 Ω / m(IEC 60093) |
spezifischer Oberflächenwiderstand | 1014 Ω / cm2 (IEC 60093) |
mechanische Eigenschaften | |
Shore-Härte (D) | 67 - 73 (ISO 868) |
Zugelastizitätsmodul | 8·108 MPa (ISO 527-1/2) |
Reißdehnung | 40 % (ISO 527) |
Zugfestigkeit | 42 N / mm2 |
Streckspannung | 45 MPa (ISO 527) |
chemische Beständigkeit | |
Schmierstoffe, Öle und Fette | beständig |
Benzin und andere aliphatische Kohlenwasserstoffe | beständig |
aromatische Kohlenwasserstoffe | beständig |
halogenierte Lösungsmittel | beständig |
bei Langzeiteinwirkung und höherer Temperatur | Quellen möglich |
Alkohole, Ester, Ketone | beständig |
Alkalilaugen, Ammoniak und Amine | beständig |
organische Säuren und Mineralsäuren | beständig |
ausgenommen: rauchende Schwefelsäure (Oleum) und rauchende Salpetersäure |
unbeständig |
Formaldehyd (gasförmig und Lösung) | beständig |
Wasserstoffperoxid, Ozon und andere Oxidationsmittel | beständig |
Ethylenoxid | beständig |
Heißwasser und Wasserdampf | beständig |
UV-und Röntgenstrahlung | beständig |
radioaktive Strahlung | beständig |
freie Alkalimetalle | völlige Zersetzung/Dehalogenierung |
Weiterführende Literatur (1) J. A. Brydson, Plastics Materials, 7th Ed., Elsevier Butterworth-Heinemann, Boston [1999], ISBN 978-0-75064-132-6 (2) J. Drobny, Fluoroplastics, Rapra Review Report 184, Vol. 16, Nr. 4; Smithers Rapra Publishing [2006], ISBN 978-1-84735-007-7 (3) A. Frank et al. Kunststoffkompendium, 7. Aufl., Vogel Buchverlag, Würzburg [2011], ISBN 978-3-8343-3164-9 |