In der industriellen Praxis sind vollständig plane, selbst abdichtende Flächen nicht zu realisieren, weswegen im Toleranzbereich gearbeitet wird. Diese fertigungsbedingten Toleranzen sowie andere Unebenheiten und Materialfehler von Bauteilen aus harten Kunststoffen oder Metallen können mit Hilfe von gummielastischen Dichtungen egalisiert werden.
Abdichtung mittels Rundringen
Noch vor Dichtungsprofilen und Rundschnüren sind Dichtungsringe aus Elastomeren die wichtigsten Vertreter statischer Dichtungen. Dank der Elastizität dieser auch als O-Ringe, Rundringe oder Nullringe bekannten Dichtelemente gleichen sie die Unebenheiten von Dichtflächen, etwa die Flanschflächen von Rohrverbindungen, aus und verhindern so effektiv unerwünschte Stoffübergänge zwischen zwei getrennten Räumen.
Ihr Name leitet sich von ihrem runden, „O-förmigen“ Querschnitt ab, ihre dimensionellen Kenngrößen sind Innendurchmesser und Ringstärke, auch Schnurdurchmesser genannt. Die Größe von Dichtungsringen wird daher als Innendurchmesser x Schnurdurchmesser angegeben, etwa 12,0 x 3,5 mm.
Rundringe werden in verschiedenen Standardgrößen angeboten, üblicherweise im Millimeter- bzw. Zentimeterbereich. Je nach Anwendungsfall kann der Innendurchmesser aber auch im Meterbereich liegen, beispielsweise bei Kanalisationsrohren oder anderen Röhrensystemen. Bei der Schnurstärke kennt man Größen von 0,2 mm für filigranste Bauteile in der Uhrenherstellung bis zu 40 mm und darüber hinaus.
Wie der Dichtungsring bzw. O-Ring ist auch die zu dichtende Fläche üblicherweise kreisringförmig. Ist die Stärke des Rings im Verhältnis zu seinem Innendurchmesser aber ausreichend gering, besitzt er genügend Flexibilität, um ihn auch zur Dichtung ovaler oder elliptischer Konturen einsetzen zu können. Die Anfangsdichtheit kommt dabei durch Pressung des Gummikörpers beim Einbau in radialer oder axialer Richtung zustande. Die eigentliche Dichtpressung resultiert dann aus der Überlagerung der Vorpressung durch den Einbau und den Anpressdruck von außen, zum Beispiel beim Zudrehen eines Wasserhahns. Das aus dem Alltag wohl nur allzu gut bekannte Tropfen der Armatur wird häufig durch Verschleißerscheinungen dieser simplen Komponente verursacht.
Dank ihrer verhältnismäßig einfachen Form können Dichtungsringe industriell leicht als nahtlose Normteile gemäß DIN ISO 3601 gefertigt werden. Das gängige Verfahren ist hier der Spritzguss (engl. Injection Moulding), bei kleinen Stückzahlen oder teuren Kautschuksorten werden sie mittels Formpressen (engl. Compression Moulding) hergestellt.
Anforderungen an Dichtungsringe
Dichtungsringe besitzen ein riesiges und vielseitiges Anwendungspotential. In nahezu jedem Industriebereich tragen sie zur störungsfreien und effektiven Produktion bei, sei es im Automobil- oder Maschinenbau, in petrochemischen Anlagen, in der Pharmaindustrie oder in der Lebensmittelindustrie. Aber auch im alltäglichen Leben findet man sie vor, etwa als Dichtung im zuvor erwähnten Wasserhahn oder in Kaffeemaschinen.
Abhängig vom jeweiligen Einsatzszweck müssen Rundringe eine ganze Reihe von Eigenschaften aufweisen. Dazu zählen thermische Beständigkeit, ausreichende Dichtigkeit gegenüber Druckbelastung oder Elastizität bzw. Steifigkeit. Auch sollten die Dichtungen zwecks Ausfallsicherheit und Wartungsfreundlichkeit eine gute Verschleißbeständigkeit aufweisen. Der wohl wichtigste Aspekt bei der Auswahl von Ringen aus Elastomeren jedoch ist die chemische Beständigkeit des verwendeten Materials gegenüber Kraftstoffen, Ölen, Fetten, Säuren und Basen.
Diesen Kriterien kann bei der Herstellung der jeweiligen Gummimischung Rechnung getragen werden. Bei Polymerblends etwa werden verschiedene Polymertypen miteinander vermischt, um ganz bestimmte Eigenschaften zu erreichen. Maßgeblich sind die Natur Polymere, ihr Mengenverhältnis zueinander, die Güte der physikalisch-chemischen Bindung und die potentiell beigemischten Füllstoffe und Additive. Angesichts der Tatsache, dass nahezu jedes beliebige Mischungsverhältnis erreichbar ist, können auf diese Weise Werkstoffe fabriziert werden, die auf den jeweiligen Verwendungszweck maßgeschneidert sind. Damit gilt aber auch umgekehrt: Die Wahl eines ungeeigneten Elastomerwerkstoffs kann negative Folgen haben, wie etwa frühzeitiges Versagen des Dichtmaterials und einhergehende Leckagen.
Gängige Werkstoffe und Einsatzgebiete für O-Ringe
Dichtungsringe in zölliger und metrischer Ausführung finden in vielfältigen Variationen Anwendung und werden – neben Ihrer Größe – primär nach der Materialzusammensetzung unterschieden. Sie sind in unterschiedlichen Werkstoffen erhältlich, je nach Einsatzgebiet und damit verbundenen Anforderungen
Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM)
O-Ringe aus EPDM sind im Temperaturbereich von -40 °C bis +150 °C vielseitig einsetzbar. Da sie sehr gute Witterungs-, UV-, Ozon-, und Alterungsbeständigkeit aufweisen und problemlos häufige Wechsel zwischen Kälte und Wärme vertragen, werden sie bevorzugt in Außenanlagen eingesetzt. Temporäre Temperaturspitzen durch Heißwasser und -dampf werden sogar bis +180 °C vom Material toleriert, was für die Reinigungsprozesse in der Pharma- und Lebensmittelindustrie unentbehrlich ist.
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EPDM-Dichtungsringe entsprechen den Vorgaben der Europäischen Pharmacopoeia und sind FDA-konform. Ferner verwendet man sie aufgrund ihrer Inertheit gegenüber vielen Säuren, Laugen, Ozon, Dampf sowie anderen polaren Lösungsmitteln vor allem in der Chemietechnik, im Anlagen- und Maschinenbau. Lösungsmittel wie aromatische, aliphatische und chlorierte Kohlenwasserstoffe lassen die Elastomere jedoch stark quellen. Durch Legieren von EPDM mit Polypropylen (PP) kann die Beständigkeit gegenüber verschiedenen organischen Medien erhöht werden.
Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (NBR) und Hydrierter Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (HNBR)
O-Ringe aus NBR finden Verwendung in der chemischen Prozesstechnik, der Verfahrenstechnik, in der Petrochemie oder im Maschinenbau und gelten als Standard für Hydraulik- und Pneumatikanwendungen im Bereich von -30 °C bis +100 °C. Dies liegt in den guten mechanischen Eigenschaften dieses Synthesekautschuks begründet, wie etwa der hohen Abriebfestigkeit oder der geringen Gasdurchlässigkeit, und seiner hohen Resistenz gegenüber aliphatischen Kohlenwasserstoffen. Neben dem niedrigen Preis prädestiniert diese ausgezeichnete Öl- und Kraftstoff-Beständigkeit NBR als Werkstoff für Dichtungsringe mit Kontakt zu Kraftstoffen wie Benzin und Diesel, Schmierfetten, Hydraulikflüssigkeiten sowie pflanzlichen und tierischen Ölen, weswegen es sich auch vorzüglich als Werkstoff für hygienische Dichtungen in der Pharmatechnik eignet.
Hydrierten Nitril-Kautschuk (HNBR) erhält man durch partielle oder vollständige Hydrierung von Butadien-Anteilen in NBR-Polymerisaten. Erreicht werden dadurch eine verbesserte Hitzebeständigkeit und Oxidationsstabilität: HNBR Dichtungsringe können bis +150 °C eingesetzt werden und sind noch dampfbeständiger als das Ausgangsmaterial NBR. Aus diesem Werkstoff gefertigte Dichtungen zeichnen sich durch herausragende Abriebfestigkeit sowie einen äußerst niedrigen Druckverformungsrest aus.
Polytetrafluorethylen (PTFE)
Dichtungsringe aus PTFE sind absolut witterungs- und UV-beständig und lassen sich auch unter extremen klimatischen Bedingungen zwischen -200 °C und +260 °C einsetzen. Der voll fluorierte, völlig hydrophobe Kunststoff wird von nahezu keinen Chemikalien angegriffen, versprödet, quillt oder verklebt nicht und kann sich dank seiner guten Formbarkeit auch unebenen Flächen anpassen.
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Ein weiterer Vorteil ist seine physiologische Unbedenklichkeit und nahezu unbegrenzte chemische Beständigkeit. PTFE ist daher ein hervorragender Werkstoff für Dichtungsringe aller Art, vor allem im chemisch-industriellen Bereich. Es ist jedoch hervorzuheben, dass PTFE-Ringe nicht gummielastisch sind und nicht die Rückstellkraft gummielastischer Werkstoffe aufweisen, wie EPDM, NBR oder Silikon. Einmal deformiert behalten sie die Verformung bei, was ihre Wiederverwendbarkeit bedeutend einschränkt.
Silikon (VMQ)
Dichtungsringe auf Basis organischer Poly-Siloxane sind hochelastische Dichtelemente für die Chemietechnik, der Labortechnik, Medizintechnik und den Maschinenbau. Sie gelten als Hochleistungsdichtungen, die dauerhaft bei Temperaturen von -55 °C bis +200 °C einsetzbar sind. Alle Ausführungen sind absolut ozon-, witterungs- und alterungsbeständig, zudem besitzen sie eine hohe chemische Beständigkeit gegenüber diversen synthetischen, pflanzlichen oder tierischen Ölen, Lösungsmitteln und Hydraulikflüssigkeiten. Für manche Anwendungsfälle ist der Einsatz von Silikon Dichtungsringen aufgrund der hohen Gaspermeabilität jedoch eingeschränkt.
Fluorkautschuk (FKM bzw. FPM)
Eine hohe chemische und thermische Beständigkeit bieten Gummiringe aus Fluorkautschuk. Fluorkautschuk – FPM ist die internationale Abkürzung nach der DIN-ISO Norm, FKM die Kurzform nach der amerikanischen Norm ASTM – hat eine Arbeitstemperatur zwischen -20 °C bis +200 °C und kann kurzzeitig bis +250 °C belastetet werden.
FKM-Ringe sind resistent gegenüber einer Vielzahl von Chemikalien wie Säuren, Laugen, Ozon, unpolaren – auch chlorierten – Lösungsmitteln sowie Kraftstoffen, Fetten und Mineralölen. Hervorzuheben ist weiterhin die ausgesprochen gute Gasdichtheit. Bei polaren Lösungsmitteln weist Fluorkautschuk jedoch Schwächen auf. O-Ringe aus Fluorkautschuk werden vorrangig in der chemischen Industrie, Petrochemie, Pharmaindustrie, Lebensmittelindustrie sowie der verfahrenstechnischen Prozesstechnik eingesetzt, beispielsweise in Solarinstallationen, wo unter Umständen Temperaturen über +150 °C auftreten können.
Perfluorkautschuk (FFKM)
Dichtungsringe aus FFKM wurden speziell für die Pharmaindustrie, Chemietechnik sowie für die Lebensmittelindustrie entwickelt. Die Dichtungen sind FDA-konform sowie BfR-konform und entsprechen somit den Forderungen der Europäischen Pharmacopoeia.
Aufgrund ihrer hohen Temperaturbelastbarkeit von -15 °C bis zu +320 °C – je nach Type – zählt man sie zu den Hochtemperaturdichtungen bzw. Hochleistungsdichtungen. Die chemische Beständigkeit von FFKM gegenüber anorganischen und organischen Medien ist nahezu unbegrenzt und noch größer als die von EPDM oder FKM. Auch starke Witterung wie Feuchte, UV-Strahlung oder Ozon können ihnen so gut wie nichts anhaben, weswegen sie viele Jahre gegen Verschleiß- und Alterungserscheinungen beständig sind.
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In vielen Anwendungsbeispielen sind sie die einzige brauchbare Lösung, da Dichtungen aus anderen gummielastischen Materialien den harschen Beanspruchungen nicht standhalten und Ringe aus harten Kunststoffen wie PTFE nicht überall eingesetzt werden können. So müssen beispielsweise Pipelines der erdölfördernden und -verarbeitenden Industrie sowohl in der Wüste als auch in subpolaren Gebieten zuverlässig abgedichtet werden. Und auch im Kraftwerks- und Anlagenbau kommen Gummiringe aus FFKM trotz ihrer erhöhten Anschaffungskosten zum Einsatz, da oftmals nur sie die extremen Anforderungen an Zuverlässigkeit und Langlebigkeit erfüllen.
Fluorethylen-Propylen (FEP)
Als Sonderfall seien die FEP-ummantelten O-Ringe mit Kern aus Silikon oder FKM erwähnt. Sie vereinen die gummielastischen Eigenschaften der Kernschnur mit der hohen chemischen und thermischen Beständigkeit des FEP-Überzugs. Die Hightech-Pharmadichtungen können bis +200 °C eingesetzt werden, sind jedoch recht kostspielig in der Anschaffung.
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