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Richtig pipettieren

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In jedem Labor müssen immer wieder Flüssigkeiten in kleinen Mengen sorgsam abgemessen oder dosiert werden. Zu diesen Zwecken kommen Pipetten zum Einsatz. Doch beim Pipettieren sind ein paar Dinge zu beachten.

Dosiergeräte als Teile einer modernen Laborausstattung

Pipetten gelten heute als unverzichtbarer Laborbedarf. Der richtigen Bedienung dieser Dosiergeräte wird in der täglichen Laborroutine jedoch oft nicht die nötige Beachtung geschenkt. Dabei ist gerade beim Arbeiten mit kleinen Flüssigkeitsmengen im Milli- und noch mehr im Mikroliterbereich die sachgerechte Handhabung der Pipetten unumgänglich, weil sich Messfehler aufsummieren und am Ende zu falschen Ergebnissen führen können. Vor allem in Prüflaboren und bei Ringversuchen wird aus diesem Grund besonderes Augenmerk auf das richtige Pipettieren gelegt, genauso wie auf den Einsatz fehlerfrei funktionierender Pipetten und anderer Dosiergeräte.

Unterschiedliche Pipettenarten für verschiedene Anwendungen

Pipetten sind technische Vorrichtungen zum Überführen und Dosieren von kleinen Flüssigkeitsmengen im Labor.

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Ihre grundsätzliche Funktionsweise beruht auf dem Einsaugen einer Flüssigkeit aus einem beliebigen Laborbehälter in die Pipette, etwa aus einem Probengefäß, einem Zentrifugenröhrchen oder Messkolben, und ihrem nachfolgenden Entleeren in ein anderes Laborgefäß, gleich welcher Art. Die Realisierung dieses sehr einfachen Prinzips für den Flüssigkeitstransfer und die Dosierung von Flüssigkeiten hat zahlreiche Entwicklungen hervorgebracht, die dem jeweiligen Einsatzweck angepasst sind.

Tropfpipetten zum Transfer kleiner Flüssigkeitsmengen

Zur Überführung von kleinen Flüssigkeitsmengen, bei denen das exakte Volumen der Flüssigkeit keine Rolle spielt, beispielsweise von einem Laborbehälter in den anderen, eignen sich Pasteurpipetten. Das sind Glasröhrchen mit ausgezogener Spitze und aufgesetztem Gummisauger, der als simple Pipettierhilfe für die nötige Druckänderung zum Ansaugen und dem tropfenweisen Ausstoßen der Flüssigkeit dient. Pasteurpipetten sind heute jedoch kaum noch im Gebrauch.

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Besser zu handhaben sind graduierte Tropfpipetten aus unzerbrechlichen Kunststoffen mit integriertem Ballon oder Faltenbalg als unverlierbare Pipettierhilfe. Ihre Funktionsweise entspricht der von Pasteurpipetten. Die meist vorhandene Skalierung lässt darüber hinaus eine grobe Abschätzung der zu dosierenden Menge zu.

Meist kommen sie als Einweg-Tropfpipetten aus säure- und lösungsmittelfestem Polypropylen (PP) oder Polyethylen (LDPE) für Flüssigkeitsmengen bis zu 5 ml zum Einsatz.

Exakte Volumina brauchen genaue Laborhelfer

Um das Volumen einer Flüssigkeit exakt abmessen zu können, werden präzise Dosiergeräte benötigt. Im höheren Milliliterbereich verwendet man dafür die klassischen Mess- und Vollpipetten aus Glas.

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Messpipetten verfügen über eine lineare Graduierung zwischen Null und dem maximalen Pipettenvolumen, die das Abmessen beliebiger Mengen innerhalb dieser Grenzen ermöglicht. Mit einer Vollpipette (engl. bulb pipette) kann hingegen nur das Gesamtvolumen der jeweiligen Pipette zugemessen werden. Ihre Messgenauigkeit ist jedoch höher als die von Messpipetten, meist sind sie auch geeicht.

pipettierball-nrMess- und Vollpipetten werden für Volumen bis 100 ml verwendet. Das früher übliche Ansaugen der Flüssigkeiten mit dem Mund ist aus Arbeitsschutzgründen inzwischen streng untersagt. Heute sind dafür mechanische Pipettierhilfen aus Kunststoff im Einsatz. Aber auch Pipettierbälle in unterschiedlichen Ausführungen, wie Peleus-Bälle, Howorka-Bälle, Aspiretten aus sterilisierbarem Naturgummi (NR) und Gummisauger für Tropfpipetten sind nach wie vor gängige Pipettierhilfen im Labor.

Pipettieren von sehr kleinen Flüssigkeitsmengen

Analytisch-chemische oder molekularbiologische Arbeiten erfordern oft die präzise Dosierung sehr kleiner Flüssigkeitsmengen von weniger als einem Milliliter. Als Standardwerkezeuge haben sich dafür Milli- und Mikroliterpipetten etabliert.

mikro-transferpipetteDer früher dafür gebräuchliche Name „Marburg-Pipette“ erinnert an ihren Erfinder, den Mediziner Heinrich Schnitger (1925 – 1964), der sie Ende der 1950er Jahre an der Universität Marburg entwickelt hatte.

Die ersten Pipetten zum reproduzierbaren Abmessen kleiner und kleinster Flüssigkeitsmengen, die nach dem Kolbenhubprinzip von Schnitger arbeiteten, wurden schon bald danach von der Firma Eppendorf in Hamburg als erste am Markt eingeführt. Seither sind viele weitere Anbieter mit anwendungsorientierten Modellen hinzugekommen, zu denen Vielkanalpipetten (engl. multichannel pipettes) für simultane Dosierung unbedingt zu zählen sind.

Direktverdrängung oder Luftpolster

Milli- und Mikroliterpipetten sind Zylinder/Kolben-Pumpsysteme, die nach dem Direkt-Verdrängerprinzip oder dem Luftpolsterprinzip arbeiten. Bei beiden bestimmt der Kolbenhub das Pipettiervolumen, das bei den meisten der heute gängigen Pipetten innerhalb eines Bereichs vorgewählt werden kann.

Direkt-Verdrängerprinzip

Bei Milli- und Mikroliterpipetten, die nach dem Direkt-Verdrängerprinzip funktionieren, wird durch den Kolbenhub die zu dosierende Flüssigkeit direkt in die Pipette eingezogen. Sie kommt dabei mit Kolben und Zylinder in direkten Kontakt. Solche Mikroliterpipetten entsprechen in ihrem Aufbau den Dosierspritzen für die Gas- und Flüssigchromatographie (GC und HPLC) und eignen sich besonders für die Handhabung nichtwässriger und viskoser Flüssigkeiten, wie Glycerin, aber auch von Flüssigkeiten mit hohem Dampfdruck, wie Ether oder Aceton.

Luftpolsterprinzip

Luftpolster-Pipetten sind für den Milli- und Mikroliterbereich die häufiger verwendeten Dosierpipetten. Die zu dosierende Flüssigkeit wird mittels des Kolben/Zylinder-Pumpsystems nicht in die Pipette, sondern in eine aufzusteckende Pipettenspitze aus Kunststoff gesaugt und aus dieser wieder herausgedrückt.

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Da sich bei dieser Bauart zwischen dem Kolben und der zu pipettierenden Flüssigkeit ein Luftpolster befindet, kommt das Medium nur mit der Pipettenspitze in Kontakt. Äußere Faktoren wie Temperatur, Dampfdruck oder Dichte der zu pipettierenden Flüssigkeit können das Luftpolster und damit auch das Pipettiervolumen beeinflussen. Deshalb kann für bestimmte, vor allem für sich wiederholende Dosieroperationen eine individuelle Nachjustierung der Pipette notwendig werden.

Das unumgänglich notwendige Zubehör für Luftpolster-Pipetten sind die aufsteckbaren Einweg-Pipettenspitzen. Bei ihrem sachgerechten Einsatz sind Kontaminationen und Verschmutzungen im Pipettenkörper praktisch ausgeschlossen. Luftpolster-Pipetten werden deshalb bevorzugt für die Dosierung sensibler Medien wie toxische, radioaktive oder bioaktive Lösungen eingesetzt.

Mit diesen Tipps kleine Volumina richtig pipettieren

Das Dosieren im Mikroliterbereich ist aufgrund der kleinen Volumina kritisch. Um verlässliche Ergebnisse zu erzielen, sollte man folgende Punkte beachten:

Den Zustand der Pipette überprüfen

Bevor man im Labor eine Pipette verwendet, sollte man unbedingt ihren technischen Zustand überprüfen. Verschlissene Dichtringe, Verschmutzungen oder Beschädigungen können ungenaues Pipettieren zur Folge haben und dadurch die Ergebnisse verfälschen. Das regelmäßige Kontrollieren der Pipettiergenauigkeit sowie eine regelmäßige Kalibrierung verhindern Messungenauigkeiten und unzulässige Abweichungen vom angegebenen Nennvolumen.

praezisions-pipette-digital-einstellbares-volumenDas Volumen richtig einstellen

Eine triviale, aber immer wieder auftretende Fehlerquelle, ist das falsch eingestellte Pipettiervolumen. Deshalb sollte man sich vergewissern, dass dieses korrekt eingestellt ist.

Auch die Pipettenspitzen sollten fest aufgesetzt sein, um Undichtigkeiten zu vermeiden, die vom Sollwert abweichende Volumenmengen zur Folge haben.

Die richtige Eintauchtiefe wählen

Auch eine falsche Eintauchtiefe der Pipettenspitze in die zu dosierende Flüssigkeit kann zu fehlerhaften Messergebnissen beitragen, da die Gefahr besteht, dass die Außenseite der Pipettenspitze mit benetzt wird und dadurch unbekannte Flüssigkeitsmengen zusätzlich mit transferiert werden. Außerdem kann sich bei kleinen Volumina der Kapillareffekt bemerkbar machen.

pipettenkorb-hdpeIn beiden Fällen werden die Sollwerte verfehlt. Wird die Spitze dagegen nicht tief genug eingetaucht, kann Luft mit aufgezogen werden. Auch in diesem Fall wird das Ergebnis verfälscht. Als Faustregel gilt: bei Probenvolumina von bis zu 1 µl liegt man mit einer Eintauchtiefe von einem Millimeter im richtigen Bereich. Bei Volumina zwischen 1 µl und 1000 µl sollte die Eintauchtiefe zwischen zwei und vier Millimeter betragen, während bei noch höheren Werten von bis zu 10 000 µl die Eintauchtiefe bis zu 6 mm betragen darf.

Auf die richtige Haltung der Pipette kommt es an

Um exakt zu pipettieren, muss der Anwender sein Dosiergerät richtig in der Hand halten und den Pipettierwinkel beim Ansaugen und Abgeben der Flüssigkeit beachten. Beim Ansaugen von Proben ist es wichtig, die Dosierpipette möglichst gerade zu halten. Wird die Flüssigkeit wieder abgegeben, sollte sie etwas schräg und möglichst gleichbleibend in einem Winkel zwischen 20° und 45° gehalten werden.

Richtiges Pipettieren mit der Mikroliterpipette erfordert Übung

Mikroliterpipetten heutiger Bauart haben gewöhnlich zwei, beim Betätigen des Druckknopfs der Pipette deutlich fühlbare Druckpunkte, die die jeweilige Position des Kolbens markieren und damit das Pipettiervolumen vorgeben. Für das Pipettieren ergeben sich daraus Möglichkeiten, den unterschiedlichen Fluiditäten der zu dosierenden Flüssigkeiten sinnvoll Rechnung zu tragen.

In der Ausgangsposition befindet sich der Kolben, gehalten durch Federkraft, am oberen Punkt des Zylinders, in der Stellung 0. Mittels Fingerdruck, der die Rückstellkraft der Feder zu überwinden hat, wird der Kolben in den Zylinder hinein bewegt. Er erreicht am ersten Druckpunkt die Stellung 1 und am zweiten, dem unteren Druckpunkt, die Stellung 2. In der Stellung 2 wird durch Nachlassen des Fingerdrucks bis zur Stellung 1 die aufgesetzte Pipettenspitze mit der Hälfte des Nennvolumens der Pipette gefüllt, beim Nachlassen bis zur Stellung 0 mit dem gesamten Nennvolumen. Die Leerung erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.

Pipette und Reagenzglas
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In der Praxis, insbesondere zum Dosieren wässriger Lösungen, wird die leere Pipette mit dem voreingestellten Nennvolumen nur bis zum ersten Druckpunkt, der Stellung 1, betätigt, sodass sich bei Rückführung des Kolbens bis zur Stellung 0 die Pipettenspitze nur halb füllt. Dadurch kann sie im zweiten Schritt, durch Drücken bis zum unteren Druckpunkt, der Stellung 2, gleichsam durch Ausblasen sicherer entleert werden. Diese Pipettierroutine wird als „averses Pipettieren“ oder „Vorwärtspipettieren“ bezeichnet.

Sollen Flüssigkeiten mit hoher Viskosität oder mit hohem Dampfdruck dosiert werden, ist das „reverse Pipettieren“, das sogenannte „Rückwärtspipettieren“, die Methode der Wahl. Denn insbesondere bei viskosen Flüssigkeiten besteht die Gefahr, dass beim ersten Druckpunkt, Stellung 1, das eingestellte Flüssigkeitsvolumen nicht völlig von der Pipettenspitze aufgenommen wird. Im ersten Schritt wird deswegen der Kolben bis zum unteren Druckpunkt, Stellung 2, gedrückt und durch anschließendes Nachgeben bis zur Stellung 0 die Pipettenspitze gefüllt. Dadurch wird auf jeden Fall ein ausreichendes Flüssigkeitsvolumen aufgenommen. Im zweiten Schritt wird zunächst nur bis zum Ersten Druckpunkt, Stellung 1, gedrückt und die dabei austretende Flüssigkeit verworfen. Im letzten Schritt wird schließlich durch Drücken bis zur Stellung 2, dem unteren Druckpunkt, die korrekte Menge abgegeben.

Pipette
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Übung und Feingefühl sind wichtige Voraussetzungen, um richtig zu pipettieren. Fehlerquellen, die auf Bedienfehler zurückgehen, lassen sich mit elektronisch gesteuerten Pipetten umgehen. Trotz höherer Anschaffungskosten sind sie nicht nur bedenkenswerte Alternativen zu handbetätigten Milli- und Mikroliterpipetten, sie entlasten auch das Laborpersonal bei Routinearbeit.

Über Dr. Karl-Heinz Heise

Dr. Karl-Heinz Heise studierte an der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg Chemie und der vormaligen Technischen Hochschule Dresden Radiochemie und Chemische Kerntechnik. Danach war er bis zur politischen Wende 1989 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Kernforschung Rossendorf (ZfK) der Akademie der Wissenschaften in verschiedenen Bereichen der Isotopenproduktion und Markierungschemie tätig. 1990 wurde er im neu gegründeten Leibnitz-Forschungszentrum Dresden - Rossendorf, dem heutigen Helmholtz-Zentrum, mit der Leitung der Abteilung für Organische Tracerchemie des Instituts für Radiochemie betraut, die sich mit umweltchemischen Prozessen in den Hinterlassenschaften des Uranbergbaus der DDR befasste. Dr. Heise ist begeisterter Hobby-Numismatiker und beschäftigt sich dabei vornehmlich mit der höfischen Medaillenkunst des 19. Jahrhunderts in Sachsen.