Kautschuk ist ein Rohstoff, der schon von frühen Zivilisationen für verschiedenste Materialien genutzt wurde. Heute prägt er nicht nur die Autoreifenproduktion, sondern spielt auch eine Schlüsselrolle in unzähligen Alltagsgegenständen und vielen Industriezweigen.
Herstellen lässt sich Kautschuk synthetisch oder auf natürlichem Weg durch Pflanzen. In der Natur liegt Kautschuk für gewöhnlich in der Form von Latex vor. Naturlatex ist bekannt für seine besonderen Eigenschaften, jedoch steht die Gewinnung des weißen Milchsafts vor großen Herausforderungen. Deshalb ist die Suche nach alternativen Quellen höchst bedeutsam.
Wo kommt Kautschuk her und was macht ihn so besonders?
Die Pflanze Hevea brasiliensis – umgangssprachlich als Gummibaum oder Kautschukbaum bezeichnet – gilt derzeit als die einzige kommerzielle Kautschukquelle. Sie wird neben ihrem Ursprungsland Brasilien vor allem in den tropischen Regionen Chinas und Südostasiens angebaut, insbesondere Thailand, Indonesien und Malaysia.
Beim Anritzen der Rinde, dem „Zapfen“, tritt der Latex aus und wird gesammelt und aufbereitet. Eine entscheidende Entwicklung bei der Kautschukherstellung war die Entdeckung der Vulkanisation von Naturkautschuk durch den amerikanischen Chemiker Charles Goodyear (1800 – 1860), was die Anwendung in der Industrie erst ermöglicht hat.
Dadurch wird es auch widerstandsfähiger und kann besser in unterschiedlichen Temperaturbereichen eingesetzt werden. Je mehr Schwefel bei der Vulkanisation verwendet wird, desto härter wird der entstehende Gummi. Ein sehr hoher Vulkanisationsgrad führt zu harten Duroplasten.
Gummielastische Elastomere wie Naturkautschuk werden heute eingesetzt, um Gummischläuche, Dichtungen, Stopfen und Halbzeuge wie Gummiplatten und Gummimatten zu fertigen. Aber auch zur Fertigung von vielen Alltagsprodukten wird das Material genutzt, etwa Autoreifen, Handschuhe, Radiergummis, Kondome oder Luftballons.
Was ist synthetischer Kautschuk?
Auch synthetischer Kautschuk spielt eine wichtige Rolle in zahlreichen Industrieprodukten, wie etwa Förderbändern, Antriebsriemen, Dichtungen und Schläuchen. Vielfach sind dort spezifische Eigenschaften wie Elastizität, Festigkeit, Witterungsbeständigkeit oder chemische Beständigkeit gefordert. Dabei werden oft Materialien aus Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR), Nitril-Kautschuk (NBR) oder Chloropren-Kautschuk (CR) verwendet.
Der Styrol-Butadin-Kautschuk ist der meistverwendete Synthesekautschuk. Große Teile der Weltproduktion werden beim Reifenbau verwendet. Weitere Anwendungsbeispiele sind Transportbänder, Sohlen, Walzen, Fördergurte, aber auch pharmazeutische, chirurgische und sanitäre Artikel.
Chloropren-Kautschuk, im deutschen Sprachraum besser unter dem Handelsnamen Neopren® bekannt, ist ein Überbegriff für Gummimischungen. Halbzeuge aus dem Werkstoff sind als Gummiplatten oder Gummimatten erhältlich. Die Varianten aus geschäumtem CR werden als Moosgummi-Platten und Zellkautschuk-Platten bezeichnet.
Nitril-Kautschuk zeichnet sich von allen Gummis durch die höchste Beständigkeit gegen Kraftstoffe, Fette und Öle aus. Er wird dort eingesetzt, wo neben dieser Beständigkeit gute mechanische Eigenschaften, gute Alterungsbeständigkeit bei erhöhten Temperaturen und gute Abriebfestigkeit gefragt ist. Hauptanwendungsgebiete sind gegen Öl und Kraftstoff beständige Dichtungen sowie Mineralölschläuche und Kraftstoffschläuche. Auch bei der Herstellung von Hähnen und Ventilen, Membranen, Kupplungs- und Bremsbelägen, Arbeitsschuhen oder Moosgummi und Zellgummi spielt er eine wichtige Rolle.
Welche Nachteile haben Synthese-Kautschuke?
Gerade in der Medizintechnik und bei Fahrzeugreifen kann synthetischer Kautschuk nicht ausschließlich oder nur mit Einschränkungen der Sicherheit eingesetzt werden. Die teils unerreichten Eigenschaften von Naturkautschuk im Bereich Abriebverhalten, Elastizität und Wärmeleitung werden dem hohen Molekulargewicht sowie weiteren Inhaltsstoffen im Naturlatex zugeschrieben.
Wozu braucht man alternative Kautschukquellen?
Die Kautschukgewinnung durch den Gummibaum steht schon lange vor einigen Herausforderungen. Da der Anbau auf bestimmte tropische Regionen beschränkt ist, wird durch die Kautschukherstellung oft Regenwald gerodet, um Plantagen anzulegen. Die Flächen stehen damit auch in Konkurrenz mit Palmölplantagen.
Gummibäume sind außerdem anfällig für bestimmte Pilzkrankheiten, welche die Kautschukversorgung einschränken können. Problematisch ist auch die arbeitsintensive Gewinnung von Naturkautschuk, die größtenteils noch nicht mechanisiert ist.
Nicht zuletzt können bestimmte Proteine im Naturlatex eine Latexallergie auslösen. Besonders im medizinischen Bereich arbeitende Menschen sind dabei gefährdet. Die Position des Gummibaums als fast alleinige Kautschukquelle verschärft viele der hier genannten Probleme ungemein. Das wurde schon früh erkannt, sodass bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts alternative Quellen für den technisch sehr wichtigen Naturkautschuk erforscht wurden.
Welche alternativen Kautschukquellen gibt es?
Es sind mehr als 2500 Pflanzen bekannt, die als alternative Kautschukquellen in Frage kommen. Jedoch sind darunter nur wenige, die den Rohstoff in größeren Mengen enthalten. Im Idealfall sollten diese Pflanzen jährlichen Ertrag liefern, um die Kautschukherstellung schnell auf die Bedürfnisse von Markt und Landwirtschaft anpassen zu können. Wichtig ist auch, dass die Kautschukpflanzen in entsprechendem Ausmaß angebaut und verarbeitet werden können.
In den letzten Jahrzehnten gab es zahlreiche Initiativen, die das Potenzial dieser Kautschukquellen auf ihre Eignung untersucht haben. In diesem Sinne gelten Guayule (Parthenium argentatum) und Russischer Löwenzahn (Taraxacum koksaghyz) als vielversprechende alternative Kautschukquellen.
Guayule ist ein Strauch, der in heißem und trockenem Klima wie den Wüstengebieten Nordamerikas wächst. Russischer Löwenzahn kann in gemäßigtem und kontinentalem Klima angebaut werden. Er enthält im Vergleich zu heimischem Löwenzahn (Taraxacum officinale) zwar mehr Kautschuk, hat aber kleinere Wurzeln. Durch Kreuzung der beiden Pflanzen lässt sich der Ertrag bei der Kautschukgewinnung weiter steigern.
Wie funktioniert die Kautschukgewinnung bei diesen Pflanzen?
Der Latex kann bei diesen Kautschukquellen nicht durch das Zapfen wie beim Kautschukbaum gewonnen werden. Das liegt daran, dass Russischer Löwenzahn und Guayule viel kleinere Ausmaße haben und der Kautschuk in unterschiedlichen Bereichen der Pflanzen zu finden ist. Deshalb werden sie mechanisch zerkleinert und mit verschiedenen Lösungsmitteln behandelt.
So wird der Kautschuk nicht nur in sehr verunreinigter und verdünnter Form erhalten, sondern auch mechanisch stark beansprucht. Mithilfe von Separatoren wird der Extrakt dann gereinigt und konzentriert, um den Kautschukanteil zu erhöhen. Während der Kautschukgewinnung werden auch Stabilisatoren eingesetzt, um je nach Anwendungszweck vor Ausfällung und Fäulnis durch Mikroorganismen zu schützen.
Im Gegensatz dazu ist bei Materialien wie Reifen vor allem die Gewinnung von Naturkautschuk in fester Form von Interesse, den man durch Ausfällen des Latex erhält.
Wie schlagen sich alternative Kautschukquellen in der Praxis?
Bis heute wird Kautschuk aus Russischem Löwenzahn oder Guayule für die Anwendung in verschiedenen Materialien getestet. Unternehmen wie Bridgestone, Continental oder Yulex verwenden bereits alternative Kautschukquellen, um Reifen oder Schwimmanzüge herzustellen.
Die Eigenschaften dieser Produkte kommen ihren Äquivalenten vom Kautschukbaum teilweise schon sehr nahe. Mit neueren Verfahren ist es sogar möglich, Naturkautschuk mit geringem Proteingehalt zu gewinnen. Dadurch könnten hypoallergene Produkte für die Medizintechnik oder für Personen mit Latexallergie hergestellt werden.
Werden alternative Kautschukquellen den Kautschukbaum ablösen?
Trotz dieser positiven Entwicklungen sind die alternativen Materialien noch nicht in der breiten Masse angekommen. Auch wenn die Gewinnung von Naturkautschuk aus diesen alternativen Quellen in gewissem Maße bereits erfolgreich war, bleiben offene Fragen.
So müssen die Verfahren zur Kautschukherstellung noch verbessert, skaliert und ständig auf ihre Wirtschaftlichkeit hin geprüft werden. Dabei werden auch Biomasse und wertvolle Nebenprodukte eine Rolle spielen, die bei der Kautschukgewinnung anfallen. Russischer Löwenzahn enthält beispielsweise Inulin, der zur Herstellung von technischem Ethanol genutzt werden kann.
Letztendlich wird immer der Markt entscheiden, ob sich alternative Kautschukquellen wie Guayule oder Russischer Löwenzahn mit der Preis-Performance der Kautschukbäume messen können. Sicherlich ist aber jede noch so kleine Beimengung ein wichtiger Schritt, um die Probleme der gängigen Kautschukherstellung anzugehen.
Bild-Quellen: Beitragsbild | © chokchaipoo – stock.adobe.com Latex fließt aus der Baumrinde | © tong2530 – stock.adobe.com Guayule, die mexikanische Gummipflanze (Parthenium argentatum) | © https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1016109 Russischer Löwenzahn (Taraxacum koksaghyz) | © venars.original – stock.adobe.com Aus Guayule-Kautschuk experimentell hergestellte Produkte | Von Jack Dykinga - United States Department of Agriculture (link), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1636167