Der Transfer von korrosiven Medien gehört zu den Routineaufgaben im Labor. Umso wichtiger ist die Wahl der richtigen Chemieschläuche, wenn böse Überraschungen vermieden werden sollen. Erfahren Sie im Folgenden, welche Kunststoffschläuche für Sie in Frage kommen, wenn Sie mit Säuren, Basen, Oxidationsmitteln oder aggressiven Gasen hantieren.
Wer die Wahl hat, hat die Qual
Bei der Vielfalt an Chemieschläuchen ist es oftmals nicht leicht, das zur Anwendung passende Material auszuwählen. Häufig wird ein beliebiger, bereits in Griffweite vorhandener Schlauch eingesetzt, der eventuell gar nicht für die Verwendung mit aggressiven Medien bestimmt ist. Erhebliche Einbußen – sowohl bei der Leistung als auch bei der Sicherheit – sind die Folge. Daher ist es wichtig, das Schlauchmaterial an das zu transportierende Medium anzupassen.
Was sind aggressive Medien?
Flüssigkeiten und Gase, die Werkstoffe bei dauerhaftem Kontakt schädigen können, werden als „aggressive Medien“ bezeichnet. In aller Regel sind damit anorganische sowie organische Säuren und Basen (Salz-, Schwefel-, Salpeter-, Phosphor-, Essigsäure; Ammoniak, Alkalihydroxidlösungen etc.), Oxidationsmittel (z.B. Wasserstoffperoxid), und einige Gase (Ozon, Chlor, Chlorwasserstoff, Bromwasserstoff usw.) gemeint. Man darf allerdings nicht vergessen, dass auch gängige Lösungsmittel schädigend auf Chemieschläuche wirken können, ohne dass man ihnen unbedingt eine ätzende Wirkung nachsagt.
Deshalb sollten Sie es sich zur grundsätzlichen Routine machen, sich vor dem Einsatz eines bestimmten Kunststoffschlauchs über seine Verträglichkeiten und Beständigkeiten zu informieren. Mit den folgenden Hinweisen werden Sie garantiert die richtige Wahl in Sachen Schläuche zur Förderung von aggressiven Medien treffen.
Orientierungshilfen für die Schlauchwahl
Erster Anlaufpunkt sollten Tabellen oder Listen zur chemischen Beständigkeit sein. In ihnen finden sich die Widerstandsfähigkeit der Chemieschläuche gegen die Einwirkung von unterschiedlichen Chemikalien. Zu beachten sind hierbei die Bedingungen, unter denen die Widerstandsfähigkeit beurteilt wurde. Nur weil eine Substanz bei Raumtemperatur keinen Effekt auf eine Schlauchart zeigt, heißt das nicht zwangsläufig, dass auch bei höheren Temperaturen und gegebenenfalls auch höheren Drücken ein Einfluss auf den Schlauch auszuschließen ist.
Sollten Sie in Beständigkeitslisten nicht fündig werden, können Sie sich mit einem simplen Test aushelfen: Nehmen Sie kleine Test-Stücke Ihrer Chemieschläuche und messen Sie einzeln das Gewicht (sowie die Schlauch-Durchmesser und Längen, falls Sie nicht über diese Informationen verfügen). Legen Sie die zu testenden Teile für mindestens zwei Tage in Ihr zu beförderndes Fluid, bevor Sie sie spülen, trocknen und erneut vermessen. Abweichungen von den zuvor notierten Werten deuten auf eine Inkompatibilität hin, ebenso wie offensichtliche optische oder haptische Veränderungen.
Grundsätzlich gilt auch nach der Recherche von Beständigkeitslisten und nach etwaigen Vortests, um die Schlauch-Fähigkeit zur Förderung von aggressiven Medien zu beurteilen, die Sorgfaltspflicht im Umgang mit potenziell schädigenden Flüssigkeiten und Gasen (Stichwort: „Betriebsanleitung“!).
Eine wiederholende Begutachtung des Chemieschlauchs bei seiner Anwendung und ein abschließendes Waschen nach der Beendigung tragen zur Risikominimierung und nachhaltigen Verwendung bei.
Chemieschläuche im Fokus
Auch wenn die Vereinbarkeit zwischen verschiedenen Schlauchmaterialien und Chemikalien stark variiert, existieren für Industrie und Chemie einige Kunststoffschläuche von universeller Inertheit. Nachfolgend möchten wir Ihnen einige Beispiele nennen, die Ihnen bei der Wahl der richtigen Chemieschläuche behilflich sein sollen.
Silikonschläuche
Versilic®, Elastosil®, Silopren® oder THOMASIL sind die im Handel anzutreffenden Bezeichnungen für Kautschuke auf Organosiloxan-Basis.
Tatsächlich handelt es sich bei Silikon-Kautschuken um einen Überbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Typen, sodass pauschalen Aussagen oftmals Ausnahmen gegenüberstehen. Silikonschläuche sind im Labor weitverbreitet, für die meisten aggressiven Medien sowie Flüssigkeiten aber nur eingeschränkt zu empfehlen.
Wasserstoffperoxid, Natronlauge oder Essigsäure schädigen das Material zwar auch in höheren Konzentrationen nicht, andere Säuren wirken aber mit steigender Konzentration zerstörend. Aufgrund seiner hohen Gasdurchlässigkeit, ist der Werkstoff zur Förderung von Gasen ungeeignet.
EPDM-Schläuche
Hinter Handelsnamen wie Nordel®, Keltan®, Vistalon® oder THOMAPREN verbergen sich EPDM-Kautschuke, die sich aus drei monomeren Komponenten in veränderlichen Anteilen zusammensetzen: Ethylen, Propylen und einem variablen Dien. Gerade wegen der unterschiedlichen Zusammensetzung dieser Chemieschläuche ist es unerlässlich, die jeweilige Produktspezifikation zur Förderung von aggressiven Medien genauer zu untersuchen, um die Verwendung für Ihren speziellen Fall zu gewährleisten.
Im Allgemeinen sind EPDM-Schläuche hervorragend für den Dampf- und Heißwasser-Transport geeignet. Das Material widersteht Laugen und verdünnten Säuren mühelos, und ist auch mit einigen aggressiven Gasen wie Ozon, Chlor und Chlorwasserstoff kompatibel. Dagegen kann ein Chemieschlauch aus diesem Werkstoff stark quellend in Mineralölen und Fetten, Benzin und aliphatischen sowie aromatischen und chlorierten Kohlenwasserstoffen sein.
FKM-Schläuche
Fluorkautschuke (FKM, früher: FPM) zeichnen sich durch eine hohe Temperaturbeständigkeit und chemische Stabilität aus. Im Handel werden sie beispielsweise als Viton®, Tecnoflon®, Fluorel® oder THOMAFLUOR angeboten.
Bei konzentrierten anorganischen Säuren wie Salzsäure, Schwefelsäure oder Salpetersäure hat ein Chemieschlauch aus FKM im Vergleich zu EPDM die Nase vorn, muss aber bei Laugen eindeutig den Kürzeren ziehen. Immerhin sind beide Kunststoffe mit den ätzenden Gasen HCl, Cl2 oder O3 verträglich.
PTFE-Schläuche
Polytetrafluorethylen (PTFE) wird im Handel unter Namen wie Teflon® PTFE, Chemfluor®, Hostaflon® TF oder THOMAFLON vertrieben. PTFE-Schläuche sind mit nahezu allen aggressiven Stoffen kompatibel. Sogar stark aggressive Säuren wie Königswasser und Oleum haben diesen Chemieschläuchen ebenso wenig an, wie Basen (beispielsweise Ammoniak oder Natriumhydroxidlösungen) oder aggressive Gase (z.B. Chlorgas, Chlorwasserstoff, Stickoxide, Ozon).
Auch bei erhöhten Temperaturen hat sich der Kunststoff in Verwendung mit vielen aggressiven Substanzen bewährt. Vorsicht ist allerdings in „Extremsituationen“ geboten: Bei geschmolzenen Alkalimetallen und auch bei elementarem Fluor muss auf diesen Chemieschlauch verzichtet werden. Wer auf die einzigartige chemische Beständigkeit von PTFE-Kunststoffschläuchen angewiesen ist, sollte sich jedoch auch ihrer mechanischen Eigenschaften bewusst sein.
Besonders im Vergleich zu Elastomerschläuchen aus Silikon oder EPDM fällt die geringere Flexibilität auf: Starke Krümmungen sind mit dem Material schlecht realisierbar. Auch das bereits bei Raumtemperatur unter Druckbelastung festzustellende Fließen des Werkstoffs kann gelegentlich Probleme aufwerfen.
Aggressive Medien fördern – ein Fazit
Die Wahl des richtigen Chemieschlauches muss gerade bei Umgang mit aggressiven Medien sehr wohl überlegt sein, um Sicherheit und Performance zu gewährleisten. Hauptaugenmerk gilt sicherlich der chemischen Verträglichkeit, aber auch andere Werkstoff-Charakteristika wie etwa physikalische Eigenschaften wollen berücksichtigt werden. Dazu zählen beispielsweise die Flexibilität, das Druck- und das Temperaturverhalten. Wer auf diesem Gebiet über wenig Erfahrung verfügt oder unsicher ist, sollte nicht zögern, fachkundige Experten zur Klärung zu befragen. Es mag der Eindruck entstehen, PTFE wäre das Nonplusultra-Schlauchmaterial.
Und ja, beim Vergleich aller genannten Schlauchtypen kann kein Material PTFE in den Kategogien „chemische Widerstandsfähigkeit“ und „thermische Belastbarkeit“ das Wasser reichen.
Wer allerdings nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen möchte, darf die ökonomischen Komponente der Schlauchwahl nicht ausschließen. Die meisten anderen Schlauchtypen sind preislich attraktiver und für viele Anwendungen vollkommen ausreichend.