Kunststoffe sind aus dem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken. Als Allroundtalente können sie in ihren Eigenschaften auf verschiedene Bedürfnisse maßgeschneidert werden. Die Entdeckung von Aufbau und Struktur der Kunststoffe – und damit deren Siegeszug als Allroundmaterial – geht auf den Chemiker Hermann Staudinger (1881 – 1965) zurück. Dieser erhielt „für seine Entdeckungen auf dem Gebiet der makromolekularen Chemie“ im Jahr 1953 den Nobelpreis. Der Name „Kunststoff“ geht übrigens auf den Chemiker Ernst Richard Escales (1863 – 1924) zurück, der 1911 eine Zeitschrift gleichen Namens gründete. Sie besteht bis heute als eines der führenden Fachblätter fort.
Einteilung und Eigenschaften von Kunststoffen
Das mechanisch-thermische Verhalten dient zur Einteilung von Kunststoffen in Duroplaste, Elastomere und Thermoplaste.
Duroplaste
Das engmaschige, dreidimensional verknüpfte Netz der Makromoleküle gibt den Duroplasten ihre Härte, Sprödigkeit und macht sie beständig gegenüber hohen Temperaturen.
Die chemische Beständigkeit ist, wie bei allen anderen Kunststoffen, abhängig von der Zusammensetzung. Epoxidharze sind bekannte und vielseitig eingesetzte Duroplaste, die sich durch ihre Widerstandsfähigkeit auszeichnen. Bakelit wiederum ist der Handelsname für einen der ersten Duroplaste, der auf der Basis von Phenolharzen hergestellt wurde.
Elastomere
Elastomere bestehen aus weitmaschig vernetzten Makromolekülen. Sie verformen sich unter Zug- oder Druckbelastung und bei Nachlassen der äußeren Kraft nehmen sie wieder ihre ursprüngliche Gestalt an. Naturkautschuk gehört als bekannter Vertreter zur Gruppe der Elastomere und wird hauptsächlich in der Produktion von Autoreifen eingesetzt. Aber auch für die Herstellung von Chemieschläuchen oder Rundschnüren, die als Grundlage für Dichtungen dienen, wird Naturkautschuk (NR) eingesetzt.
Bevor Naturkautschuk technisch eingesetzt werden kann, muss er allerdings vorbehandelt werden. Durch Vulkanisierung wird der Schwefelanteil im Kunststoff erhöht, wodurch u.a. die chemische Beständigkeit gegenüber verdünnten Säuren, Laugen und Mineralölen erhöht wird.
EPDM (Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk), NBR (Acrylnitril-Butadien-Kautschuk) oder CR (Chloropren-Kautschuk) sind Beispiele für die sogenannten Synthesekautschuke. Diese zeichnen sich teilweise durch eine höhere chemische Inertheit gegenüber Säuren und Laugen aus als Naturkautschuk und werden deshalb gerne für den Transport von aggressiveren Medien eingesetzt.
Thermoplaste
Thermoplaste bestehen aus weitgehend unverzweigten, linearen Makromolekülen, die sich unter Wärmezufuhr plastisch verformen lassen und ihre Form nach Abkühlung beibehalten. Der Vorgang ist reversibel und unter erneuter Wärmezufuhr kann der Körper erneut verformt werden. Zu den bekanntesten Thermoplasten gehören Polyethylen (PE), Polyvinylchlorid (PVC) und Polystyrol (PS).
Was versteht man unter „chemische Beständigkeit“?
Die Widerstandsfähigkeit oder Beständigkeit von Werkstoffen kann sich prinzipiell auf verschiedene Eigenschaften beziehen, wie mechanische, thermische oder Witterungsbeständigkeit. Die chemische Beständigkeit bezeichnet danach die Widerstandsfähigkeit eines Werkstoffes gegenüber verschiedenen Chemikalien. In der Praxis wird noch gern zwischen „chemisch beständig“, „chemisch bedingt beständig“ und „chemisch unbeständig“ unterschieden. Ein Stoff ist dann chemisch beständig, wenn er bei langem Kontakt mit einer Chemikalie unversehrt bleibt, das heißt seine physikalischen, chemischen und mechanischen Eigenschaften bleiben unverändert.
Als Synonym wird oft auch der Begriff chemisch inert verwendet.
Chemisch unbeständig ist ein Werkstoff, der bei Kontakt mit einer Chemikalie nach einer sehr kurzen Zeitspanne seine typischen Eigenschaften verliert, während er bedingt chemisch beständig ist, wenn er seine Eigenschaften über einen bestimmten Zeitintervall behält. Dies kann auch bedeuten, dass die Beständigkeit für den Einsatzzweck ausreichend ist. Die Widerstandsfähigkeit eines Werkstoffes ist temperaturabhängig, was beim Einsatz einzuplanen ist.
Inertheit von Kunststoffen
Chemikalien, gegen die ein Kunststoff nicht beständig ist, führen zum Aufquellen oder Aufweichen des Materials. Ob es sich dabei um aggressive Medien, wie Säuren, Laugen oder organische Lösungsmittel, um aggressive Gase, wie beispielsweise Chlorgas, handelt oder um vergleichsweise „milde“ Chemikalien, wie Mineralöle – der Mechanismus ist immer der gleiche: Die Moleküle der einwirkenden Chemikalie diffundieren in den Kunststoff ein und lockern dabei die schwachen Bindungen zwischen den Polymerketten.
Teilweise kommt es dadurch im Material zur Bildung von Mikrorissen, die sich bei höherer mechanischer Belastung vergrößern und am Ende zu makroskopischen Rissen führen. Dieses Phänomen wird als Spannungsrissbildung bezeichnet. Da die Diffusion temperaturabhängig ist, nimmt die chemische Beständigkeit von Kunststoffen mit steigenden Temperaturen ab.
Prüfverfahren und gesetzliche Grundlagen zur Messung der chemischen Beständigkeit von Kunststoffen
Für die Messung der Widerstandsfähigkeit und chemischen Beständigkeit von Kunststoffen stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Die DIN EN ISO 175:2010 beschreibt hierbei beispielsweise „Prüfverfahren zur Bestimmung des Verhaltens von Probekörpern gegen flüssige Chemikalien“. Dabei wird der Prüfkörper in die flüssige Chemikalie gelegt und anschließend die Veränderungen am Kunststoffkörper gemessen. In der DIN EN ISO 22088-6:2009 sind zusätzliche Verfahren zur Bestimmung der sogenannten umgebungsbedingten Spannungsrissbildung beschrieben. Hierbei wird der Kunststoffkörper einer äußeren Spannung oder einem äußerem Druck ausgesetzt und die Veränderungen werden gemessen. Der ESC-Versuch (Environmental Stress Cracking) sowie der Zeitstandzugversuch sind zwei gängige Methoden.
Schließlich gibt es mit den Verfahren, die in der ISO2812-1 und der ISO 2812-2 beschrieben sind, zwei weitere Möglichkeiten in der Chemie oder Industrie, die Beständigkeiten von Kunststoffen zu bewerten.
Hierbei wird die Oberflächenbeschaffenheit des Kunststoffs mikroskopisch bewertet, nachdem dieser entweder in die Chemikalie eingetaucht oder aber die Chemikalie auf die Oberfläche getropft wurde. Nach einer definierten Zeit erfolgt die mikroskopische Auswertung und es wird bewertet, ob und in welchem Ausmaß es zu Ablösungen, Verfärbungen oder Quellungen gekommen ist. In der Praxis helfen diese Tests Anwendern und vor allem Herstellern die Eigenschaften von Kunststoffen sehr genau zu bewerten und den geeigneten für die eigene Anwendung herauszusuchen.
In welchen Bereichen sind Beständigkeiten wichtig
Die Eignung eines Kunststoffs hängt immer vom jeweiligen Einsatzzweck ab. Dabei spielt für viele Anwendungen die chemische Beständigkeit eine wesentliche Rolle. Beispielsweise können für den Transport von Chemikalien durch Schlauchleitungen, insbesondere von aggressiven Medien, nur Elastomere eingesetzt werden, die entsprechend chemikalienfest sind. Das gleiche gilt für andere Industriebereiche, in denen es darauf ankommt, dass die für die Dichtungen verwendeten Elastomere eine hinreichende chemische Widerstandsfähigkeit aufweisen.
So müssen diese in der erdölverarbeitenden Industrie beständig gegenüber Mineralölen sein, während sie in der Pharma- oder Chemieindustrie eher gegenüber Säuren oder organischen Lösungsmitteln inert sein müssen.
Beliebte Materialien und Elastomere
Zu den Kunststoffen auf der Basis von fluorierten Kohlenwasserstoffen gehört beispielsweise FPM/FKM (Fluorkautschuk), der auch unter den Handelsnamen Viton®, Iso-Versinic® oder THOMAFLUOR bekannt ist. Er ist inert gegenüber Lösungsmitteln, Ölen oder auch Kohlenwasserstoffen. Eingesetzt wird er für Schläuche, aber auch in Form von Rundschnüren, O-Ringen für Dichtungen oder als Stopfen.
Das bekannteste Kunststoffmaterial aus dieser Gruppe ist PTFE (Polytetrafluorethylen). Dieser auch als TEFLON® bekannte Werkstoff gehört zu den Kunststoffen, die in punkto Beständigkeit gegenüber Chemikalien und Lösungsmitteln unübertroffen sind. Von daher wird dieses Material überall dort eingesetzt, wo besonders aggressive Medien zum Einsatz kommen. Andere bekannte Materialien sind Synthesekautschuke, wie EPDM (Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk) oder NBR (Acryl-Nitril-Butadien-Kautschuk). Diese werden teilweise auch in Kombination, wie zum Beispiel EPDM mit PP (Propylen) für chemische Schläuche gerne eingesetzt.
Um das geeignete Material oder den richtigen Werkstoff für die eigene Anwendung auszuwählen, sollte man stets chemische Beständigkeitslisten zu Rate ziehen. Die meisten Anbieter von Kunststoffmaterialien und Werkstoffen stellen diese bereit und erleichtern damit dem Anwender die Auswahl.