Von Sorptionsmitteln in der Filtertechnik
„Throw away. Do not eat.“ Das ist auf den kleinen weißen Papiertütchen zu lesen, die zahlreichen Warensendungen beiliegen. Doch was hat es mit diesen Päckchen auf sich? Wer aus Neugierde schon einmal ein solches Tütchen geöffnet hat, weiß, dass sich darin ein meist durchsichtiges Granulat befindet. Dabei handelt es sich um „Kieselgel“ (engl.: silica gel). Dieses Granulat hat die Aufgabe, das Produkt vor Feuchtigkeit zu schützen. Da es ungiftig ist, können seine wasserentziehenden Eigenschaften problemlos im Alltag genutzt werden. Doch auch in anderen Bereichen, sei es im Labor, in der Industrie oder in der Medizin, kommen derartige Filtergranulate als Sorbentien zum Einsatz, die speziell auf ihr Anwendungsgebiet abgestimmt sind.
Im Folgenden soll ein Überblick über die wichtigsten Filtergranulate und Sorbentien, ihre Funktionsweise und ihre Verwendung gegeben werden.
Was ist Sorption?
Unter Sorption versteht man einen Vorgang, bei dem bestimmte Stoffe von anderen Stoffen aufgenommen werden. Dabei unterscheidet man zwischen der Absorption und der Adsorption.
Weiterhin wird bei der Adsorption zwischen der Physisorption und der Chemisorption unterschieden. Bei ersterer entsteht keine chemische Bindung zwischen Sorptionsmittel und adsorbiertem Stoff. Sie werden nur durch elektrostatische Wechselwirkungen zusammengehalten. Dadurch kann der adsorbierte Stoff leicht wieder freigesetzt werden, was als Desorption bezeichnet wird. Mit der Zeit stellt sich ein Gleichgewicht zwischen adsorbierten und freien Molekülen ein.
Im Falle der Chemisorption wird der adsorbierte Stoff dagegen durch eine chemische Bindung fest an das Sorptionsmittel gebunden. Dabei kann es sogar zu einer chemischen Reaktion kommen, bei der der adsorbierte Stoff verändert wird. Dieser Vorgang ist irreversibel. Es kann dann also keine Desorption mehr stattfinden.
Wie funktionieren Sorptionsmittel?
Die Aufgabe eines Sorptionsmittels ist es, bestimmte, meist unerwünschte Stoffe aus einem Gas oder einer Flüssigkeit zu entfernen. Das Prinzip ähnelt einer herkömmlichen Filtration. Bei dieser werden Feststoffe mechanisch von Flüssigkeiten oder Gasen getrennt, indem sie vom Filtermedium – beispielsweise Siebgewebe, Filterkerzen oder Sinterfilter – zurückgehalten werden.
Materialien für diese Filtertechnik sollen ein möglichst hohes Adsorptionsvermögen besitzen. Deshalb werden als Filtermedien poröse verwendet, die über eine große Oberfläche für die Adsorption verfügen. Diese kann mehr als 1000 m²/g betragen, sodass vier Gramm eines Filtergranulates in etwa der Größe eines Fußballfeldes entsprechen.
Granulate und Sorbentien werden meist in Kombination mit passenden Adsorber-Filterbehältern eingesetzt, die über Gewinde-Anschlüsse an Schlauchverbinder, Schläuche und vorliegende Leitungssysteme angebunden werden können.
Filtergranulate und ihre Anwendungen
Aktivkohle
Die Auswahl an verschiedenen Filtergranulaten ist groß. Ein bekannter Vertreter ist Aktivkohle-Granulat-Sorbens. Es handelt sich dabei um einen feinkörnigen und porösen Feststoff aus Kohlenstoff. Aktivkohle-Granulat wird durch trockenes Erhitzen von kohlenstoffhaltigen Ausgangsstoffen, wie Holz, Steinkohle oder Kokosnussschalen, gewonnen. Die Aktivierung, die Erzeugung einer großen inneren Oberfläche, kann auf zwei verschiedene Weisen erfolgen.
Die erste Methode ist die oxidative Gasaktivierung. Das bereits verkokte Material wird hierbei einem oxidierend wirkenden Gasstrom, etwa Wasserdampf oder Kohlenstoffdioxid, ausgesetzt. Dabei entsteht aus einem Teil des Kohlenstoffs Kohlenstoffmonooxid, das als Gas entweicht. Dadurch entstehen zusätzliche Poren, welche die innere Oberfläche der Aktivkohle vergrößern.
Die chemische Aktivierung nutzt das gleiche Prinzip. Im Gegensatz zur Gasaktivierung werden hierbei jedoch dehydratisierend wirkende Stoffe wie Zinkchlorid oder Schwefelsäure eingesetzt. Diese werden zusammen mit dem kohlenstoffhaltigen Material erhitzt, wodurch ein Teil des Kohlenstoffs zu Kohlenstoffmonooxid oxidiert wird. Die verwendeten Aktivierungsmittel können anschließend ausgewaschen und wiederverwertet werden.
Aktivkohlefilter finden in vielen verschiedenen Bereichen Anwendung. Sowohl in der Industrie als auch im Haushalt oder sogar in der Kosmetik bedient man sich der Eigenschaften dieses Sorptionsmittels.
Je nach Verwendungszweck kann das Aktivkohle-Granulat mit ausgewählten Chemikalien für spezifische Anwendungen imprägniert werden. So wirkt eine Imprägnierung mit Silber antibakteriell und wird deshalb in Wasserfiltern eingesetzt. Wird die Aktivkohle mit Schwefel imprägniert, ergeben sich optimale Voraussetzungen zur Chemisorption von Schwermetallen, vor allem aus Trinkwasser. Die Metallionen reagieren dabei mit dem Schwefel auf dem Filtergranulat zu Metallsulfiden. Somit wird die Desorption der Metalle verhindert, wodurch diese sehr effizient entfernt werden können.
Kieselgel
Ein weiteres häufig verwendetes Filtergranulat ist Kieselgel (engl.: silica gel). Dieses besteht aus Siliciumdioxid (SiO2) Einheiten, welche über Sauerstoffatome dreidimensional miteinander verknüpft sind. Die Herstellung erfolgt durch Ansäuern einer wässrigen Natriumsilikat-Lösung. Die dadurch entstehende Monokieselsäure (H4SiO4) ist nicht stabil und bildet mit einem weiteren Monokieselsäure-Molekül unter Wasserabspaltung Dikieselsäure (H6Si2O7). Die Kondensation mit weiteren Molekülen H4SiO4 ergibt schließlich Polykieselsäure.
Durch Trocknen bei hohen Temperaturen wird Wasser abgespalten und man erhält hartes, wasserfreies Kieselgel-Granulat. Da dieses sehr effizient Wasser wieder aufnehmen kann, wird es als Trocknungsmittel verwendet. Aber auch andere Stoffe, wie Schwefeldioxid, Kohlenwasserstoffe oder aromatische Verbindungen werden adsorbiert, was Kieselgel zu einem häufig eingesetzten Filtergranulat in der Gasreinigung macht.
Wichtig für die Arbeit im Labor ist die Trocknung von technischen Gasen, wie Stickstoff und Argon. Da viele chemische Stoffe empfindlich gegenüber Sauerstoff und Wasser sind, wird häufig in einer Schutzgasatmosphäre gearbeitet. Stickstoff und Argon eignen sich dafür besonders, da sie inert sind. Das bedeutet, dass sie sehr reaktionsträge sind und normalerweise keine chemischen Reaktionen eingehen. Ihre effiziente Trocknung ist im Laboralltag aber unabdingbar wenn Feuchtigkeit ausgeschlossen werden soll.
Verwendet wird dafür beispielsweise Cobaltdichlorid, das im trockenen Zustand blau ist und bei Kontakt mit Wasser seine Farbe zu blassrosa wechselt. Im Handel wird mit Cobaltchlorid imprägniertes Kieselgel unter dem Namen Blaugel angeboten. Durch Erhitzen kann das Wasser abgespalten werden, wodurch das Blaugel regeneriert wird und anschließend erneut verwendet werden kann.
Aluminiumoxid
Granulate aus Aluminiumoxid eignen sich ebenfalls als Filtermaterial. Wie auch Kieselgel wird es für die Luft- und Gasreinigung eingesetzt. Beschichtet mit Kaliumpermanganat erhält das Material zusätzliche Chemisorptions-Eigenschaften.
Die adsorbierten Stoffe werden durch das Kaliumpermanganat oxidiert und damit chemisch verändert. Dabei wird Kaliumpermanganat zu Braunstein reduziert, was eine Farbänderung von violett nach braun bewirkt.
Zeolithe als Molekularsieb-Sorbentien
Zeolithe zählen zu den Molekularsieben. Dies sind Alumosilikate mit einer Tetraederstruktur aus Aluminium- und Siliciumatomen, welche jeweils über vier Sauerstoffatome miteinander verbunden sind. Es ergeben sich regelmäßige Strukturen mit Poren und Kanälen, in denen Moleküle entsprechender Größe adsorbiert werden können. Je nach Porengröße können so unterschiedlich große Moleküle adsorbiert werden, wodurch sich ihre Einsatzgebiete unterscheiden. Üblich sind Zeolithe mit Porengrößen zwischen drei und zehn Ångström (Å), wobei 1 Å = 10-7 mm entsprechen.
Zeolithe mit Porengrößen von drei bis vier Ångström eignen sich besonders für die Trocknung von Gasen, aber auch von organischen Lösungsmitteln, wie Alkohole oder Kohlenwasserstoffe.
Im Labor werden Zeolithe als Molekularsieb-Sorbentien verwendet, um wasserfreie Lösungsmittel zu lagern. Eindringende Feuchtigkeit würde durch das Filtergranulat adsorbiert werden, wodurch das Lösungsmittel trocken gehalten wird. Die Abwesenheit von Feuchtigkeit ist für zahlreiche Synthesen im chemischen Labor oft eine unabdingbare Voraussetzung. Durch Erhitzen können Zeolithe leicht regeneriert werden, wodurch sie mehrmals benutzt werden können.
Zeolithe sind auch in Waschmitteln enthalten, sie haben dort die Funktion eines Wasserenthärters. Dabei werden Kalkbildner aus dem Wasser adsorbiert.
Die Adsorptions- und Desorptionseigenschaften der Zeolithe machen sie ferner als vielversprechende Materialien für die ökologische Wärmespeicherung interessant. Zunächst wird in der sonnigen, warmen Jahreszeit dem Zeolith-Speichersystem Wärme-Energie von außen zugeführt, wobei das am Zeolith adsorbierte Wasser freigesetzt und abgeführt wird. Bei Bedarf, etwa in der kälteren Jahreszeit, wird dem System gezielt Wasser zugeführt, das nunmehr wieder am Zeolith-Material adsorbiert wird. Die beim Adsorptionsvorgang freiwerden Wärme-Energie, die Adsorptionsenergie, kann nun über Wärmetauscher zur Warmwasserbereitung und für die Gebäudeheizung genutzt werden.
Derartige Systeme, die hohen technischen und materiellen Aufwand erfordern, sind in Energiesparhäusern bereits versuchsweise im Einsatz.
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