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Was bedeutet die KTW-Leitlinie für Trinkwasserschläuche und Trinkwasserversorgung?

Unser Trinkwasser, wie wir es jeden Tag aus unseren Leitungen erhalten, ist das am besten kontrollierte Lebensmittel. Der größte Teil unseres Trinkwassers, welches von Wasserwerken aufbereitet und bereitgestellt wird, stammt zu etwa 70% aus Grund- und Quellwasser. Die restlichen 30% setzen sich aus Oberflächenwasser von Seen und Flüssen sowie Oberflächenwasser aus Niederschlägen zusammen, die durch Bodenpassage oder Uferfiltration fast das Niveau von Grundwasser erreichen. Über das Trinkwassernetz erfolgt die Verteilung bis in jeden einzelnen Haushalt zum Verbraucher. Dabei muss gewährleistet sein, dass die Güte des Trinkwassers über die gesamte Prozesskette erhalten bleibt und keine Verunreinigungen erfolgen. Das stellt an die Verteilungssysteme, wie Rohre oder Schläuche, besondere Anforderungen.

Und vielleicht haben Sie sich ja auch schon einmal gefragt, was der Aufdruck „KTW „A“ UND DVGW-W270 GEPRÜFT“ auf NBR Schläuchen eigentlich bedeutet? Wir klären auf, was es mit der KTW-Leitlinie auf sich hat und welche Bedeutung sie für Trinkwasserschläuche und die Trinkwasserversorgung einnimmt.

Natuerliches Wasser
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Die Qualitätsansprüche an Trinkwasser sind hoch

Auf nationaler Ebene regelt die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) die Anforderungen, die Wasser erfüllen muss, um als Trinkwasser zu gelten. Darin ist festgelegt, dass es farb- und geruchlos zu sein hat, keine Krankheitserreger enthalten darf und einen Mindestgehalt an gelösten mineralischen Stoffen aufweisen muss. Zudem muss das Trinkwasser geschmacklich neutral und kühl sein, und selbstverständlich nicht mit gesundheitsschädigenden Stoffen belastet sein. Um die gleichbleibende Qualität zu gewährleisten, kommen auf nationaler Ebene verschiedene Leitlinien, rechtliche Grundlagen, Empfehlungen und Regelwerke hinzu, die den Transport, den Umgang und die Verteilung von trinkbarem Wasser regeln. Die KTW-Leitlinie ist eine davon.

Die Qualitaetsansprueche an Trinkwasser sind hoch
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Maßgebliche Richtlinien zur Beurteilung von Werkstoffen im Kontakt mit Trinkwasser

Die Leitlinie zur hygienischen Beurteilung von organischen Materialien für den Kontakt mit Trinkwasser, kurz KTW-Leitlinie, beschreibt die Anforderungen, die Kunststoffe wie Silikone dabei erfüllen müssen.

Was bedeutet KTW und worauf bezieht sich diese Zulassung

KTW steht für „Kunststoff-Trinkwasser“. Konkret bezieht sich diese Leitlinie auf die Anforderungen, die ein Trinkwasserschlauch, sei es nun ein Schlauch aus EPDM, NBR, TYGON® oder einem anderem Material, erfüllen muss, um als solcher zugelassen zu werden. Denn auch wenn ein NBR Schlauch für die Lebensmitteltechnik oder Getränkeindustrie verwendet werden darf, ist dieser Lebensmittelschlauch nicht automatisch für den Trinkwassertransport zugelassen.

Zum ersten Mal gab das Umweltbundesamt (UBA) Ende der 70er Jahre die sogenannten KTW-Empfehlungen heraus.

Diese sollten für die hygienische Bewertung von Materialien im Kontakt mit Trinkwasser herangezogen werden. Seitdem gab es mit der Elastomer- und Beschichtungsleitlinie sowie der Leitlinie für Thermoplastische Elastomere eine Reihe an Erweiterungen und Ergänzungen. Gemäß der zweiten Änderung der Trinkwasserverordnung aus dem Jahr 2012 sollen diese verschiedenen Regeln nun in verbindliche Bewertungskriterien mit eindeutigen hygienischen Anforderungen für Materialien und Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser überführt werden. Zwei Jahre nach ihrer Veröffentlichung werden diese Bewertungsgrundlagen rechtsverbindlich.

EPDM-Doppelmantel-Getraenkeschlauch

Welcher Zweck steckt dahinter?

Diese Regelungen sollen dafür sorgen, dass weder Werkstoffe noch Materialien, die in der Trinkwasserversorgung Verwendung finden, wie zum Beispiel als Trinkwasserschlauch, durch Auslaugen unerwünschte Stoffe in das Trinkwasser abgeben. Zum zweiten soll verhindert werden, dass die eingesetzten Produkte bzw. Materialien das Wachstum von Mikroorganismen, wie Algen oder Bakterien fördern.

LLDPE-Schlauch fuer die Trinkwasserversorgung

Die Aufgabe zur Erarbeitung der Bewertungsgrundlagen wurde gemäß § 17 Absatz 3 der zurzeit gültigen Trinkwasserverordnung dem Umweltbundesamt (UBA) übertragen. Die erarbeiteten Leitlinien und der aktuelle Stand können auf den Internetseiten des UBA abgerufen werden.

Die KTW-Zulassung für Trinkwasser und das DVGW-Prüfverfahren W270

In der KTW-Leitlinie sind die Prüfverfahren für Trinkwasserschläuche (KTW-Schläuche) beschrieben. So ist über Positivlisten geregelt, welche Ausgangsstoffe, Hilfsstoffe oder Additive für deren Produktion eingesetzt werden dürfen. Dafür hat der Hersteller die Rezeptur des Schlauchs bzw. der mit dem Trinkwasser in Kontakt kommenden Materialien dem prüfenden Institut offenzulegen. Weiterhin darf ein Schlauch, der die KTW-Zulassung erhalten soll, Geruch, Geschmack und Klarheit des durchfließenden Wassers nicht verändern. Zudem darf es zu keiner Verfärbung oder Schaumbildung des Migrationswassers kommen. Auch die Abgabe von organisch gebundenem Kohlenstoff (TOC, engl. Total Organic Carbon) wird ermittelt und auf Basis der offen gelegten Rezeptur werden für bestimmte Inhaltsstoffe Migrationswerte ermittelt.

NBR-Trinkwasserschlauch KTW DVGW TPE-Lebensmittelschlauch

Die Prüfung der eingesetzten Materialien auf Förderung von mikrobiellem Wachstum auf den eingesetzten Werkstoffen erfolgt nach der DIN EN 16421. Das Prüfverfahren dafür ist im DVGW Arbeitsblatt W270 genau beschrieben und umfasst insgesamt eine Dauer von drei Monaten. Während dieser Zeit liegt der Schlauch permanent im Prüfwasser, um nach jeweils einem Monat Proben zu entnehmen und auf mikrobiologisches Wachstum hin zu untersuchen.

Man sieht also: Damit ein Trinkwasserschlauch die KTW-Zulassung erhält, muss dieser eine Reihe an Testverfahren durchlaufen, die von einem akkreditierten Prüflabor durchgeführt werden müssen.

Neben der KTW-Zulassung für Trinkwasser muss in Deutschland gleichzeitig eine Zulassung gemäß DVGW Arbeitsblatt W 270 vorliegen. Beides wird von einem akkreditierten Zertifizierer durch ein Prüfzertifikat („KTW „A“ UND DVGW-W270 GEPRÜFT“) bestätigt. Dieses hat eine Gültigkeit von 5 Jahren. Sie erlischt jedoch sofort, wenn Änderungen am Produkt oder der Produktzusammensetzung vorgenommen werden.

Welche Materialien für Trinkwasserschläuche eingesetzt werden dürfen

Bereits ein herkömmlicher Lebensmittelschlauch, wie er in der Lebensmitteltechnik und Getränkeindustrie eingesetzt wird, muss gewährleisten, dass er physiologisch unbedenklich ist und die Qualität des transportierten Lebensmittels nicht beeinträchtigt wird. Daher kommen Materialien, wie NBR, EPDM oder TYGON®, aus denen vornehmlich Lebensmittelschläuche bestehen, auch für Trinkwasserschläuche zum Einsatz. Allerdings müssen Trinkwasserschläuche im Bereich der Migrationswerte noch strengere Vorgaben erfüllen als Lebensmittelschläuche. Das UBA hat noch weitere Leitlinien erarbeitet, so für organische Beschichtungen (Beschichtungsleitlinie), Elastomere (Elastomer-Leitlinie) sowie eine Übergangsempfehlung für thermoplastische Elastomere (TPE-Übergangsempfehlung).

TYGON-Lebensmittelschlauch FDA REACH- und RoHS-konform

Inwieweit letztere in eine verbindliche Rechtsgrundlage überführt wird, ist derzeit noch nicht entschieden. Für Trinkwasserschläuche, die aus NBR oder EPDM hergestellt sind oder diese in Anteilen enthalten, ist auf jeden Fall die Elastomer-Leitlinie relevant, regelt sie doch Prüfverfahren für Kautschukprodukte.

NBR-Saug- und Druck-Lebensmittelschlauch FDA PVC-Saug- und Druck-Food-Schlauch

Außerdem ist in sogenannten Positivlisten geregelt, welche Polymere, Additive und Hilfsstoffe eingesetzt werden dürfen. Alle anderen Prüfkriterien ähneln den bereits zuvor beschriebenen in der Leitlinie für KTW.

Strenge Auflagen erfüllen ihren Sinn: Leitlinien werden weiter ausformuliert

Trinkwasserqualität und Trinkwasserversorgung werden durch ein komplexes Regelwerk auf nationaler und EU-Ebene gesteuert. Produkte, die mit Trinkwasser in Kontakt kommen, müssen eine Anzahl an Vorschriften erfüllen und entsprechende Prüfverfahren durchlaufen, um eine entsprechende Zertifizierung zu erhalten. Die Leitlinien, die für Trinkwasserschläuche aber auch für andere relevante Produkte gelten, werden ständig weiter überarbeitet und nach und nach in die Trinkwasserverordnung als rechtliche Bewertungsgrundlage überführt.

Das Umweltbundesamt als beauftragte Institution informiert Hersteller auf seinen Internetseiten über den aktuellen Stand der Verfahren, während sich Nutzer von Trinkwasserschläuchen auf zertifizierte Produkte nach KTW und DVGW verlassen können.

Über Dr. Karl-Heinz Heise

Dr. Karl-Heinz Heise studierte an der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg Chemie und der vormaligen Technischen Hochschule Dresden Radiochemie und Chemische Kerntechnik. Danach war er bis zur politischen Wende 1989 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Kernforschung Rossendorf (ZfK) der Akademie der Wissenschaften in verschiedenen Bereichen der Isotopenproduktion und Markierungschemie tätig. 1990 wurde er im neu gegründeten Leibnitz-Forschungszentrum Dresden - Rossendorf, dem heutigen Helmholtz-Zentrum, mit der Leitung der Abteilung für Organische Tracerchemie des Instituts für Radiochemie betraut, die sich mit umweltchemischen Prozessen in den Hinterlassenschaften des Uranbergbaus der DDR befasste. Dr. Heise ist begeisterter Hobby-Numismatiker und beschäftigt sich dabei vornehmlich mit der höfischen Medaillenkunst des 19. Jahrhunderts in Sachsen.