O-Ringe aus Elastomeren sind ringartige Dichtelemente, für die auch die Bezeichnungen „Rundringe“ und „Nullringe“ gebräuchlich sind. Sie dichten gewöhnlich zwei plane Flächen, wie etwa die Flanschflächen von Rohrverbindungen, gegeneinander ab, indem sie eine Barriere bilden und dabei dank ihrer Elastizität die Unebenheiten der Dichtflächen egalisieren. Das ist notwendig, da industriell im Toleranzbereich gearbeitet wird und vollständig plane, selbst abdichtende Flächen nicht zu realisieren sind. Die technischen Kenngrößen solcher Dichtungen sind deren Innendurchmesser und die Ringstärke, der sogenannte Schnurdurchmesser. O-Ring-Dichtungen werden durch Spritzgießen oder Formpressen als nahtlose Normteile gemäß DIN ISO 3601 und auch in Sondergrößen produziert. Sie kommen in vielfältigen Variationen zum Einsatz und werden hauptsächlich nach der Materialzusammensetzung differenziert. Jedes dieser speziell entwickelten Dichtungsmaterialien ist in bevorzugten Bereichen optimiert einsetzbar und garantiert Dichtheit gegenüber dem Medium sowie gute Verschleißbeständigkeit.
Infos zu Elastomeren und wie diese einsetzbar sind
Unter Elastomeren versteht man Kunststoffe, die sich unter Belastung verformen und nach deren Ablassen wieder die ursprüngliche Form einnehmen, sofern keine irreversible Beanspruchung stattgefunden hat. Der Grund dafür sind mehr oder minder ungeordnete „Verknäulungen“ von langen Polymerketten im Makrobereich, die von Van-der-Waals’schen Kräften stabilisiert werden. Van- der-Waals Kräfte beruhen auf der elektrostatischen Wechselwirkung der Moleküle untereinander, sind also keine kovalenten oder ionischen Verbindungen. Im Allgemeinen sind diese zwischenmolekularen Kräfte zwar eher schwach, durch die große molare Masse der langen Polymerketten sind diese bei Elastomeren jedoch von großer Bedeutung. Durch Energiezufuhr, beispielsweise bei Zugbelastung, strecken sich die Polymerketten und gleiten aneinander ab, wobei sich die „Verknäulungen“ temporär lösen. Dabei entwickeln sich zugleich starke Rückstellkräfte, die mit denen einer gespannten Feder vergleichbar sind.
Zu hohe Belastungen führen jedoch zu irreversiblen Strukturänderungen, die schließlich mit der Zerstörung der Gesamtstruktur durch Zerreißen enden. Die technischen wie auch chemischen Eigenschaften von Elastomeren und damit ihre Eignung für den Einsatz als Dichtmaterial hängen stark von ihrer Zusammensetzung ab. Die Wahl eines ungeeigneten Elastomers kann nachhaltige Folgen haben, wie etwa frühzeitiges Versagen des Dichtmaterials und einhergehende, ungewollte Leckagen. Wichtige Kriterien sind dabei die chemischen, physikalischen und mechanischen Eigenschaften des Dichtungsrings.
O-Ringe aus Elastomeren unterschiedlicher Materialien für verschiedenste Anwendungen
Das wichtigste Kriterium bei der Auswahl von Dichtungen aus Elastomeren ist die chemische Beständigkeit des einzusetzenden Materials. Hierzu wird ein sogenannter Compound entwickelt. Dies ist eine Mischung von einem oder mehreren Polymeren zur Erzielung bestimmter Eigenschaften. Das Verhältnis der Polymerkomponenten zueinander, die Art der physikalisch-chemischen Bindung und die Natur der Zuschlagstoffe sind für die technischen Eigenschaften des Elastomers entscheidend. Da praktisch jedes Mischungsverhältnis und unterschiedliche Bindungen realisierbar sind, können Elastomere gezielt so entwickelt werden, dass sie dem jeweiligen Einsatzzweck optimal entsprechen. Einsatzorte sind dabei Industrieanlagen in der chemischen Industrie, der Pharmaindustrie, der Lebensmittelindustrie sowie im Maschinenbau und der petrochemischen Industrie. O-Ringe aus Elastomeren sind heutzutage sehr vielseitig einsetzbar.
EPDM O-Ringe aus EPDM1 (EPDM/PP) und EPDM2
O-Ringe aus Ethylen-Propylen-Kautschuk EPDM1, einem Polymerblend (auch Polymerlegierung genannt) aus den zwei Polymerkomponenten Ethylen-Propylen-Dien (EPDM) und Polypropylen (PP), sowie EPDM2, dem reinen Elastomer Ethylen-Propylen-Dien (EPDM), besitzen eine gute Ozon-, Witterungs- und Alterungsbeständigkeit. Sie werden im Temperaturbereich zwischen – 40 °C und + 150 °C bevorzugt in Außenanlagen eingesetzt, die ständigen Witterungseinflüssen ausgesetzt sind. Ihre Dampf- und Heißwasserstabilität reicht sogar bis +180 °C. Da jedoch Lösungsmittel wie aromatische, aliphatische und chlorierte Kohlenwasserstoffe die Elastomere stark quellen lassen, verbietet sich hierfür der Einsatz von EPDM O-Ringen. Bevorzugte Einsatzbereiche sind daher die Pharma- und Lebensmittelindustrie, sowie der Leichtmaschinenbau und die petrochemische Industrie. Wichtige Handelsnamen für EPDM1 sind Noreprene®, Santoprene®, PharMed® und THOMAPREN. EPDM2 wird unter dem Handelsnamen Keltan® vertrieben.
FPM Dichtringe
Die FPM O-Ringe mit der chemischen Bezeichnung Fluor-Propylen-Kautschuk sind Hochleistungsdichtungen im Hochtemperaturbereich von bis zu +200 °C, kurzzeitig sogar bis zu + 250 °C. Sie werden vorrangig in der verfahrenstechnischen Prozesstechnik, Petrochemie, Pharmaindustrie sowie der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Ebenso werden diese Dichtungen in der chemischen Industrie verwendet. Sie sind sehr temperaturbeständig sowie witterungs-, alterungs- und ozonbeständig. Besonders interessant ist dabei die sehr gute Beständigkeit gegenüber Ölen, Mineralölen, Fetten, Kraftstoffen, pflanzlichen und tierischen Fetten sowie gegenüber aromatischen und aliphatischen Kohlenwasserstoffen. Hydraulikflüssigkeiten sowie ätherische Öle und Amine greifen das Dichtungsmaterial ebenfalls kaum an. Hervorzuheben ist ebenfalls die ausgesprochen gute Gasdichtheit dieser Dichtungen. Vertrieben wird das Elastomer unter den Handelsnamen Viton® und THOMAFLUOR.
FFKM Dichtringe
Speziell für die Pharma- und Lebensmittelindustrie wurden diese FFKM O-Ringe entwickelt. Die Produkte sind unter dem Markennamen Kalrez® und Simriz® bekannt. Namen wie FFKM Dichtringe sind ebenfalls üblich. Das Perfluorelastomer mit der Bezeichnung FFKM ist für die Lebensmittel- und Pharmatechnik freigegeben. Spezielle Hochleistungsdichtungen im Hochtemperaturbereich von -10 °C bis zu +230 °C bei einer kurzzeitigen Belastbarkeit bis zu +260 °C sind optimal für diese Anwendungen. Die chemische Beständigkeit der Dichtungsringe ist nahezu unbegrenzt. Daher werden diese Dichtungen aus FFKM in vielfältigen Varianten angeboten.
NBR Dichtringe
NBR O-Ringe aus Nitrilkautschuk (Acrylnitril-Butadien-Kautschuk) kommen im Bereich von – 30 °C bis + 100 °C zum Einsatz. Der Synthesekautschuk, der vor allem mit dem Markennamen Perbunan N®, früher Buna N®, verbunden ist, zeichnet sich durch beste Beständigkeit gegenüber Ölen, Schmierfetten, Hydraulikflüssigkeiten sowie aliphatischen Kohlenwasserstoffen und Kraftstoffen aus. Neben den chemischen Eigenschaften sprechen auch seine Temperaturbeständigkeit sowie gute Abriebfestigkeit für den Einsatz des Elastomers.
HNBR O-Ringe
Diese HNBR O-Ringe mit dem chemischen Namen Hydrierter Nitril-Kautschuk werden aus NBR-Polymerisaten durch Teil- oder Vollhydrierung von doppelbindungshaltigen Butadienanteilen hergestellt. Dies verbessert die Hitzebeständigkeit und Oxidationsstabilität. Eine hohe Abriebfestigkeit sowie hervorragende mechanische Beständigkeit und ein sehr niedriger Druckverformungsrest sind charakteristisch für dieses Elastomer. Bei der Medienbeständigkeit verhält sich HNBR ähnlich wie NBR, allerdings bei höherer Dampfbeständigkeit. Die Einsatztemperatur dieses Materials beträgt -30 °C bis +150 °C.
PTFE O-Ringe
PTFE O-Ringe sind im weiten Temperaturbereich zwischen – 200 °C und + 260 °C einsetzbar. Der voll fluorierte Kunststoff Polytetrafluorethylen (PTFE) ist vor allem unter den Markennamen Teflon®, Hostaflon® und THOMAFLON bekannt. Physiologisch ist dieser Kunststoff unbedenklich, er ist völlig hydrophob und wird weder von Lösungsmitteln noch von Salzlösungen, Säuren oder Laugen angegriffen. Lediglich freies Fluor und Alkalimetalle greifen den Kunststoff an. PTFE ist daher ein hervorragender Werkstoff für Dichtungen aller Art, vor allem im chemisch-industriellen Bereich. Da PTFE unter Druckbelastung jedoch fließt, werden die mechanischen Eigenschaften, wie Druckfestigkeit, durch Zumischen von Füllstoffen gezielt optimiert. Verglichen mit allen anderen Kunststoffen besitzt ungefülltes Polytetrafluorethylen die besten Gleiteigenschaften. Es ist zudem absolut witterungs- und UV-beständig, und lässt sich auch unter extremen klimatischen Bedingungen einsetzen.
Silikon Dichtringe
Silikon O-Ringe auf der Basis von organischen Poly-Siloxanen sind hochelastische Dichtelemente. Der vielseitig einsetzbare Silikon-Kautschuk ist mit Markennamen wie Versilic®, Cennusil® und THOMASIL verbunden. Silikon-Dichtungen sind dauerhaft zwischen – 55 °C und + 200 °C, kurzzeitig sogar bis + 350 °C, einsetzbar. Weitere Eigenschaften sind die Witterungsbeständigkeit, Ozonbeständigkeit und Alterungsbeständigkeit dieser Materialien. Die Nutzbarkeit von Elastomeren der Art kann allerdings wegen der hohen Gaspermeabilität, die allen Silikonen eigen ist, eingeschränkt sein.
Ergänzende Bemerkungen zu den Materialien!
In der Industrie, dem chemischen Anlagenbau und Maschinenbau spielen die Ausfallsicherheit und Wartungsfreundlichkeit eine wesentliche Rolle, um eine störungsfreie und effektive Produktion zu gewährleisten. Daher ist es besonders wichtig, bei Einsatz von Dichtungen auf die richtige Materialauswahl zu achten. Beständigkeitslisten helfen nicht nur im Falle von O-Ringen aus Elastomeren dabei, für den jeweiligen Einsatzzweck die passende Dichtung auszusuchen. Reicht das nicht aus, sind die Hersteller gerne bereit umfangreich zu beraten. Kriterien wie Höchsttemperatur von Flüssigkeiten und Gasen als Medium oder die chemische Beständigkeit gegen Kraftstoffen, Ölen, Fetten, Säuren und Basen müssen ebenfalls bei der Auswahl berücksichtigt werden. Hochleistungsdichtungen und Hochtemperaturdichtungen sind ebenfalls für äußerst anspruchsvolle Anwendungen geeignet. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Tauglichkeit der Produkte in der Pharmaindustrie sowie in der Lebensmittelindustrie. Hierzu ist es erforderlich, das die Ausgangsmaterialien der Dichtungen entsprechend zertifiziert sind. Nur so ist es möglich, die Anlagensicherheit und Unbedenklichkeit zu gewährleisten.