Nicht nur im Labor und der chemischen Industrie spielen Säuren und Laugen eine wichtige Rolle. Auch in vielen anderen Bereichen bestimmen saure oder basische Eigenschaften von wässrigen Lösungen oder Stoffgemischen unsere Lebenswelt. Das Maß für den Säure- oder Basengehalt wässeriger Lösungen ist der pH-Wert.
Was ist der pH-Wert?
Der pH-Wert ist eine 1909 durch den dänischen Chemiker Søren Sørensen (1868 – 1939) definierte Maßeinheit, die den sauren oder basischen Charakter einer wässerigen Lösung beschreibt. Sie bezieht sich auf die Konzentration von Wasserstoffionen (H+) beziehungsweise Oxoniumionen (H3O+) in der Lösung, die durch die Eigendissoziation des Wassers entstehen:
H2O ⇆ H+ + OH–
2 H2O ⇆ H3O+ + OH–
In reinem Wasser ist nur ein sehr kleiner Teil der Moleküle dissoziiert, das Gleichgewicht ist stark nach links verschoben. Aus der Potenzzahl für die H+-Ionen-Konzentration leitet sich der pH-Wert ab:
pH = – log10 c [H+]
Dieser Wert liegt für reines Wasser bei pH = 7, der dem Neutralpunkt in der pH-Wert-Skala zwischen 0 und 14 entspricht.
Der pH-Wert wird auf einer Skala mit Werten zwischen 0 für stark saure und 14 für stark alkalische Lösungen angegeben. Beispielsweise hat ein molare Salzsäure (36,5 g HCl/L) den pH-Wert 0 und ein molare Natronlauge (40 g NaOH/L) den pH-Wert 14. Dem gegenüber liegt der pH-Wert unserer Haut bei pH = 5,5, klassische Seifen haben pH-Werte von 9 bis 10 und der pH-Wert von destilliertem Wasser liegt durch gelöstes Kohlendioxid aus der Luft praktisch immer unter pH = 7.
Einfache Methoden zur pH-Messung
Für die Messung des pH-Werts gibt es unterschiedliche Mess-Verfahren. Mit wenig Aufwand, aber auch weniger genau lässt sich der pH-Wert mittels Farbstoffindikatoren, im Wasser lösliche, organische Farbstoffe, deren Färbung von dem pH-Wert der Lösung abhängen, kolorimetrisch bestimmen.
Bekannte pH-Farbstoffindikatoren sind zum Beispiel Lackmus, ein natürlicher, aus Flechten gewonnener Farbstoff mit einem Farbumschlag von rot in saurer Lösung nach blau in alkalischer Lösung, Methylorange, ein Azofarbstoff, der mit steigendem pH-Wert von rot nach gelb umschlägt oder Phenolrot, dessen Färbung sich von rot über gelb nach violett verändert. Letzteres ist ein ungiftiger Triphenylmethan-Farbstoff, der deshalb auch verbreitet zur pH-Messung im Bäderbereich eingesetzt wird.
Der sogenannte „Universal-pH-Indikator“ ist ein Gemisch verschiedener Farbstoffe, der im pH-Wertbereich zwischen dem Wert 1 und dem Wert 14 von rot nach tiefblau umschlägt. Als „pH-Papier“ ermöglichen Filterpapierstreifen, die mit dem Indikator-Farbstoffgemisch imprägniert wurden, anhand von Vergleichsfarbskalen die Abschätzung des pH-Wertes, nachdem sie mit der zu untersuchenden Lösung in Kontakt gebracht wurden. Genauere Werte liefert die photometrische Auswertung der Farbwerte in Lösung gegen Standardlösungen mit bekannten pH-Werten.
Die elektrochemische pH-Messung
Für präzise, aber auch für kontinuierliche oder automatische pH-Messungen werden potentiometrische Messverfahren eingesetzt. Hierzu wird eine pH-Messkette, bestehend aus zwei Halbzellen, aufgebaut. Eine Halbzelle ist eine Glasmembran-Elektrode, kurz auch als Glaselektrode bezeichnet, die in die messende Lösung eintaucht. Dort lagern sich Wasserstoffionen an der Oberfläche des Silikatglases an, wodurch ein von der H+-Konzentration abhängiges elektrisches Potenzial aufgebaut wird. Dieses Potenzial wird mit dem Potenzial einer Referenz-Halbzelle, einer Silber/Silberchlorid-Halbzelle (Ag/AgCl) oder Quecksilber/Quecksilberchlorid-Halbzelle (Hg/HgCl2), verglichen, indem beide Halbzellen mit einer elektrisch leitfähigen Salzbrücke verbunden werden und die Spannung gemessen wird.
Entsprechend der Nernst-Gleichung wird hiermit bei +25 °C zwischen pH = 0 und pH = 14 ein lineares Signal mit einer Steilheit von theoretisch -59 mV/pH erhalten. Beide Halbzellen sind heute meist in einer Einstabmesskette vereint, wodurch sich die elektrochemische pH-Messung im Labor sehr einfach durchführen lässt.
Neben der Glaselektrode gibt es für spezielle Anwendungen auch pH-Elektroden aus Antimon (Sb) oder Wismut (Bi). Antimon- und Wismut-Elektroden sind besonders für die Messung niedriger pH-Werte chemisch aggressiver Lösungen, wie Flusssäure, geeignet. Die Auswertung des Messsignals von Glaselektroden erfolgt aufgrund des hohen elektrischen Widerstands der Glasmembran mithilfe eines pH-Meters, einem Spannungsmesser mit einem sehr hohen Eingangswiderstand >1012 Ω.
Ähnlich wie Glaselektroden funktionieren auch Ionensensitive Feldeffekttransistoren (ISFETs). Hierauf basierende pH-Meter sind im Gebrauch zwar robust, die Standzeiten der Messsensoren sind jedoch geringer als die von Glaselektroden und auch die Messwerte weichen von den mit Glaselektroden erzielten Werten oft erheblich ab. Ihr Einsatz bleibt daher hauptsächlich auf Übersichts- und Routinemessungen begrenzt, etwa in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie oder medizinischen und biologischen Laboratorien.
Die Messgenauigkeit der pH-Elektrode
Die Messgenauigkeit einer pH-Elektrode hängt von den Eigenschaften des zu messenden Mediums und den Umgebungsbedingungen am Messort ab. Daher muss für eine pH-Messung der jeweils geeignete Elektrodentyp gewählt sowie für stabile Temperatur-, Druck- und Anströmungsverhältnisse gesorgt werden.
Unter realen Bedingungen erreichen Messelektroden niemals die theoretische Messempfindlichkeit von -59 mV/pH, vielmehr nimmt sie mit dem Alter der Elektrode weiter ab. Daher sollten pH-Meter regelmäßig mithilfe von kalibrierten Pufferlösungen überprüft und gegebenenfalls justiert werden.
Hierzu wird im einfachsten Fall eine „Einpunkt-Kalibrierung“ mit einem Puffer im Bereich des zu überwachenden pH-Wertes durchgeführt. Für Messungen mit pH-Metern, die über einen größeren pH-Bereich genaue Ergebnisse liefern sollen, sind Zweipunkt- oder Dreipunkt-Kalibrierungen erforderlich. Als Referenz werden hierfür kalibrierte Pufferlösungen mit pH-Werten zwischen pH = 4 und pH = 10 verwendet.
Die Wartung und Pflege von pH-Elektroden
Durch den wiederholten Einsatz oder den dauerhaften Betrieb von pH-Elektroden kommt es abhängig von den Einsatzbedingungen mehr oder weniger schnell zu Alterungserscheinungen. Diese werden häufig durch „chemischen“ Verschleiß, entweder durch Herauslösen von Bestandteilen aus der sensitiven Schicht der Glaselektrode oder durch Verschmutzung der Elektrode, etwa durch Absorption von Fremd-Ionen oder Anlagerungen, ausgelöst.
Sie äußern sich zum Beispiel nicht nur in starken Signalschwankungen, sondern auch in verminderter Messempfindlichkeit oder in auffälligen Signaldriften bei der Messwertanzeige. Letzteres lässt sich häufig auf Elektrolytverlust der Bezugselektrode zurückführen, was durch den Wechsel des Elektrolyten oder den kompletten Austausch der Elektrode behoben werden kann. Plötzliche Signaländerungen oder sich sehr schnell ändernde Messwerte deuten hingegen auf ein elektrisches Problem bei der Signalverarbeitung hin, für die nicht selten elektromagnetische Felder, verursacht von elektrisch betriebenen Maschinen in der näheren Umgebung, infrage kommen.
Unzulässige Abweichungen können durch die regelmäßige Kalibrierung einer Elektrode leicht erkannt werden. Sehr häufig genügt aber die Reinigung einer Elektrode, durch Spülen mit warmem Wasser. Viele Anlagerungen lassen sich hingegen gut mit Essig, Zitronensäure oder verdünnter Salzsäure entfernen. Bei der Reinigung von Glaselektroden muss allerdings streng darauf geachtet werden, dass die empfindliche Glasmembran nicht beschädigt wird. Sie darf daher nicht mechanisch, sondern nur mit deionisiertem oder destilliertem Wasser gereinigt werden.
Und wenn die Elektrode nicht gebraucht wird…
Bei Nichtgebrauch sollten pH-Elektroden nicht dauerhaft am Messgerät angeschlossen bleiben. Unkritisch ist die Aufbewahrung von Metallelektroden, wie Antimon- und Wismutelektroden. Sie werden nach dem Reinigen trocken aufbewahrt. Auch Elektroden mit Elektrolytfüllung, wie Kalomelelektroden, können nach der Reinigung längere Zeit trocken gelagert werden, wenn Elektrolytverluste durch Austrocknen ausgeschlossen werden können.
Glaselektroden und Einstabmeßketten sind dagegen immer in einer Elektrolytlösung, beispielsweise einer molaren Kaliumchloridlösung (KCl), aufzubewahren, um ihre Funktionalität aufrechtzuerhalten. Denn eine korrekte pH-Wert-Bestimmung ist für viele Arbeiten im chemischen Labor eine unabdingbare Voraussetzung.