Verwendung und Eigenschaften der Halogene – Was Fluor, Chlor & Co. leisten

Viele denken bei dem Begriff „Halogen“ zuerst an Lampen oder Scheinwerfer. Doch Halogene sind in vielen Produkten enthalten, mit denen wir täglich umgehen. Was Halogene sind und wo sie Verwendung finden, soll dieser Beitrag aufzeigen.

Was sind Halogene?

Unter dem Namen Halogene werden die Elemente der 7. Hauptgruppe im Periodensystem zusammengefasst. Sie steht zwischen der sechsten Hauptgruppe, den Chalkogenen und der 8. Hauptgruppe, den Edelgasen. Zur 7. Hauptgruppe gehören die Elemente Fluor (F), Chlor (Cl), Brom (Br), Iod (I) und Astat (At).

Ihren Namen „Halogene“, der aus dem griechischen stammt („hals“ bedeutet Salz und „gennan“ erzeugen), verdanken diese Elemente ihrer Eigenschaft mit Metallen Salze zu bilden.

Geschichte und Entdeckung der Halogene

Die Entdeckung der Halogene fand in der Reihenfolge Chlor, Iod, Brom und Fluor statt. Bei der ersten Herstellung von Chlor durch den deutschen Chemiker und Apotheker Carl Wilhelm Scheele (1742 – 1786) wurde vermutet, dass es sich bei diesem Produkt um eine Sauerstoffverbindung handele. Erst 1808 erkannte der englische Chemiker Sir Humphry Davy (1778 – 1829) das neue Element. Wegen seiner gelbgrünen Farbe benannte er es nach dem griechischen Wort „chloros“, das gelbgrün bedeutet.

 

Die Halogene finden sich in der 7. Hauptgruppe des Periodensystems
Die Halogene finden sich in der 7. Hauptgruppe des Periodensystems

Iod wurde 1812 in der Asche von Seetang entdeckt und erhielt seinen Namen wegen der violetten Farbe seines Dampfes aus dem griechischen „ioeides“ für veilchenfarbig.

Der französische Chemiker Antoine-Jérôme Balard (1802 – 1876) gewann 1826 Brom aus Meeresalgen und erkannte als erster, dass es sich dabei um ein neues Element handelte. Bereits zwei Jahre früher fand Justus von Liebig (1803 – 1873) Brom bei der Analyse von Salzsolen, die er jedoch für eine Chlor-Iod-Verbindung hielt. So gilt Balard als der Entdecker von Brom. Seinen Namen erhielt das Element wegen seines stechenden Geruchs, nach dem griechischen Wort „bromos“ für Gestank.

Das Mineral Flussspat, Calciumfluorid (CaF2), war schon im 16. Jahrhundert bekannt und wurde beim Schmelzen von Erzen zugesetzt, da es die Schlacke dünnflüssiger machte. Wegen seiner Reaktivität und seiner Giftigkeit gelang es erst 1886 dem französischen Chemiker Ferdinand Frederic Henri Moissan (1852 – 1907) elementares Fluor herzustellen, wofür er 1906 den Nobelpreis für Chemie erhielt. Seinen Namen erhielt das Element aus dem lateinischen Wort „fluor“, das Fluss bedeutet.

Das radioaktive Astat ist das am seltensten vorkommende chemische Element. 1940 konnte es von den Amerikanern Dale Corson, Kenneth MacKenzie und Emilio Gino Segrè an der University of California an einem Teilchenbeschleuniger künstlich erzeugt werden. Drei Jahre später erhielt das Element mit der Ordnungszahl 85 seinen Namen Astat nach dem griechischen „astatos“ für unbeständig.

Herstellung von Halogenen

Elementares Fluor F2 kann nur durch Elektrolyse von Fluorwasserstoff hergestellt werden. Da Fluorwasserstoff nur eine geringe elektrische Leitfähigkeit besitzt, wird zur Erhöhung der Leitfähigkeit eine Mischung aus Fluorwasserstoff und Kaliumfluorid eingesetzt. Bei der Gewinnung von Fluor muss absolut wasserfrei gearbeitet werden, da sonst an der Anode Sauerstoff statt Fluor gebildet wird.

Farbgebung der vier stabilen Halogene Fluor, Chlor, Brom und Iod
Farbgebung der vier stabilen Halogene Fluor, Chlor, Brom und Iod

Chlor wird hauptsächlich aus einer wässrigen Natriumchlorid-Lösung durch die sogenannte Chloralkali-Elektrolyse gewonnen. Reaktionsprodukte sind Chlor (Cl2), Wasserstoff (H2) und Natronlauge (NaOH). Zur Gewinnung von Brom werden Bromide, die aus Salzlagerstätten oder Meerwasser gewonnen werden, mit Chlor umgesetzt. Iod wird aus Iodat (IO3), das bei der Salpetergewinnung in der Mutterlauge anfällt, hergestellt. Dazu wird die Iodat-Lösung mit schwefliger Säure (H2SO3) versetzt, wobei sich Iodwasserstoff bildet. Dieser reagiert mit der in der Lösung vorhanden Iodsäure (HIO3) zu elementarem Iod.

Eigenschaften der Halogene

Die Halogene sind Nichtmetalle. Sie besitzen 7 Außenelektronen (Valenzelektronen), es fehlt also nur noch ein Elektron, um die stabile Edelgaskonfiguration zu erreichen. Deshalb sind sie sehr reaktionsfreudig und kommen in der Natur nur in Verbindungen vor. Im elementaren Zustand liegen sie als zweiatomige Moleküle (F2, Cl2, I2) vor.

Fluor besitzt die höchste Elektronegativität und Reaktivität. Mit steigender Ordnungszahl, von Fluor zu Iod, ändern sich die Eigenschaften. Die Dichte, der Schmelz- und Siedepunkt sowie die Farbigkeit nehmen zu. Unter Standardbedingungen (0 °C, 1 bar) sind Fluor und Chlor gasförmig, Brom flüssig und Iod fest. Das Element Astat ist radioaktiv, es zerfällt. Das langlebigste Isotop 210At besitzt eine Halbwertszeit von 8,3 Stunden. Fluor ist schwach gelbgrün, Chlor grünlich, Brom braun, Iod grauschwarz und Iod-Dämpfe violett. Die Wasserlöslichkeit und Reaktionsfähigkeit nehmen mit steigender Ordnungszahl ab.

Wichtige Verbindungen der Halogene

Mit Metallen bilden Halogene Salze, die Halogenide. Diese Salze, die Fluoride, Chloride, Bromide und Iodide, sind aus Metall-Ionen, den Kationen, und Halogenid-Ionen, den Anionen aufgebaut. Sie besitzen hohe Schmelz- und Siedepunkte und sind in festem Zustand elektrische Isolatoren. In wässriger Lösung oder in der Schmelze leiten sie den elektrischen Strom.

Mit Wasserstoff bilden die Elemente Halogenwasserstoffe. Chlorwasserstoff, Bromwasserstoff und Iodwasserstoff sind unter Standardbedingungen gasförmig, wobei der Siedepunkt mit steigender Ordnungszahl fällt. Fluorwasserstoff bildet starke Wasserstoffbrückenbindungen und ist deshalb unter Standardbedingungen flüssig. Die wässrigen Lösungen der Halogenwasserstoffe nennt man Halogenwasserstoffsäuren. Besser bekannt sind die Trivialnamen Flusssäure für die Fluorwasserstoffsäure und Salzsäure für die Chlorwasserstoffsäure. Iodwasserstoffsäure gilt als stärkste sauerstofffreie Säure.

Verwendung von Halogenen

Das Element Fluor wird zur Herstellung von fluorierten Verbindungen eingesetzt, die sich mit anderen Verfahren nicht herstellen lassen. Beispiele sind Polytetrafluorethylen (PTFE), das zu atmungsaktiven Textilien und Pfannenbeschichtungen verarbeitet wird. In der Chemietechnik wird PTFE als chemisch inertes und temperaturstabiles Material geschätzt und zu PTFE-Schläuchen, Dichtungen, Schlauchverbindern und anderen Bauteilen verarbeitet.

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Der Hauptanteil des produzierten Fluors wird zur Erzeugung von Atomenergie genutzt. Natürliches Uran enthält drei Uranisotope (234U, 235U und 238U), von denen nur das 235Uran für die Kernspaltung geeignet ist. Uran wird mit Fluor zu gasförmigem Uranhexafluorid (UF6) umgesetzt. Mit Hilfe großer Gaszentrifugen kann das Isotopengemisch aufgrund der geringen Massenunterschiede getrennt werden.

Chlor ist ein wichtiges Edukt in der chemischen Industrie. In der anorganischen Chemie werden Salzsäure, Chloride, Hypochloride und Chlorate aus dem Element hergestellt. In der organischen Chemie wird es zur Synthese organischer Verbindungen wie zum Beispiel Vinylchlorid, der Ausgangsstoff für PVC-Schläuche oder Epichlorhydrin eingesetzt. Das Element wird auch bei der Synthese chlorfreier Verbindungen, die über chlorhaltige Zwischenstufen verlaufen, verwendet. Darüber hinaus dient Chlor als Oxidations-, Bleich- und Desinfektionsmittel. Auch in vielen Medikamenten ist Chlor enthalten. Früher wurde Chloroform (CHCl3) als Narkosemittel benutzt.

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Brom wird zur Herstellung von Desinfektionsmitteln, Insektiziden, Pestiziden und Flammschutzmitteln genutzt. Silberbromid ist in der Schwarzweiß-Fotografie wichtiger Bestandteil von Emulsionen bei der Filmentwicklung.

Das Element Iod findet Anwendung bei der Herstellung von Tinkturen, Arznei- und Desinfektionsmitteln. Das radioaktive Isotop 131I dient in der Nuklearmedizin als Marker zur Untersuchung von Schilddrüsenkrankheiten.

Halogene im Alltag

Halogenverbindungen begegnen uns im Alltag in vielfältiger Weise. Wohl jeder würzt seine Speisen mit Natriumchlorid, auch Speisesalz, Tafelsalz oder Kochsalz genannt. Dieses kann Natrium- oder Kaliumiodat zur Vorbeugung eines Iod-Mangels enthalten. Zur Kariesprophylaxe kann dem Salz Natrium- oder Kaliumfluorid zugesetzt werden.

Chlorreiniger, die zur Reinigung und Desinfektion von Küchen und sanitären Anlagen verwendet werden, enthalten Chloride und Hypochloride.

Fluorverbindungen findet man in Antihaftbeschichtungen von Pfannen oder in Beschichtungen von Outdoor-Textilien. Auch in Imprägniersprays sind sie enthalten. Für viele Heimwerker ist das PTFE-Abdichtband ein wichtiges Dichtmittel beim Austausch von Wasserrohren oder -hähnen. Einige Per- und Polyfluoralkyl-Substanzen (PFAS) sind aufgrund von Gesundheits- und Umweltbedenken jedoch in Verruf geraten.

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Iod und Brom befinden sich in geringen Mengen in Halogenlampen- und Scheinwerfern. Iodhaltige Verbindungen, für die Schilddrüse wichtige Iodlieferanten, sind in Lebensmitteln wie Fisch, Milch und Eiern enthalten. Wenn auch oft verborgen, sind Halogene für unsere Gesundheit und tägliches Leben unverzichtbare Elemente.

Bildquellen:
Beitragsbild | © Kim - stock.adobe.com
Periodensystem: © Mrmw, CC0, via Wikimedia Commons
Farbgebung der vier stabilen Halogene: © Tomihahndorf, CC BY-SA 3.0 <http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/>, via Wikimedia Commons

Über Reichelt Chemietechnik

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