Eigenschaften und Anwendungen
Das Element Silizium mit dem Symbol Si steht in der vierten Hauptgruppe des Periodensystems. Hergestellt wurde amorphes Silizium zum ersten Mal von den französischen Chemikern Joseph Louis Gay-Lussac (1778 – 1850) und Louis Jaques Thénard (1777 – 1857), die jedoch nicht erkannten, dass es sich dabei um ein „neues“ Element handelte. 13 Jahre später verwendete der schwedische Chemiker Jöns Jacob Berzelius (1779 – 1848) ein ähnliches Verfahren zur Herstellung des Siliziums. Er erkannte als erster den Elementcharakter und gab ihm seinen Namen. Der Name Silicium leitet sich vom lateinischen Wort „silex“ für Kieselsteine ab.
Nach Sauerstoff ist es das zweithäufigste Element und kommt in der Natur hauptsächlich in Silikaten und Siliziumdioxid vor. Neben diesen Siliziumverbindungen spielen für technische Anwendungen auch Silikone, Siliziumcarbid und Siliziumnitrid eine wichtige Rolle.
Verbindungen von Silizium und Sauerstoff
Die wichtigsten Silizium-Sauerstoff-Verbindungen sind Kieselsäuren, Silikate und Siliziumdioxid. Die Verbindung Siliziummonoxid, in der das Silizium zweiwertig ist, ist nur in der Gasphase stabil und bildet beim Abkühlen Silizium und Siliziumdioxid.
Kieselsäuren und Silikate
Die einfachste Sauerstoffsäure des Siliziums ist die Orthokieselsäure mit der chemischen Formel H4SiO4. Orthokieselsäure ist in Wasser nur in sehr geringen Konzentrationen beständig, in höheren Konzentrationen polymerisiert sie unter Wasserabspaltung zu Polykieselsäuren. Die Salze der Kieselsäuren werden als Silikate bezeichnet.
Der Erdmantel besteht nahezu vollständig aus Silikaten, ihr Anteil an der Erdkruste beträgt über 90 %. Silikate bestehen aus SiO4-Tetraedern. Das Siliziumatom ist in der Mitte des Tetraeders angeordnet, die Sauerstoffatome an den Ecken.
Die Tetraeder können in Ringen, Ketten, Schichten oder in dreidimensionalen Netzwerken angeordnet sein, wie in der nachfolgenden Abbildung gezeigt. Dabei bestimmt die Struktur die Eigenschaften der Silikate. Die einfachsten Silikate sind Inselsilikate, die aus isolierten SiO4-Tetraedern bestehen. Beispiele sind die Schmucksteine Granat Ca3Al2[SiO4]3 und Olivin (Fe,Mg)2[SiO4]. Gruppensilikate bestehen aus Doppeltetraedern. Drei, vier und sechs Tetraeder können einen Ring bilden, dann spricht man von Ringsilikaten. Ein bekannter Vertreter ist der Schmuckstein Beryll.
Silikate, die aus Ketten oder Bändern aufgebaut sind, nennt man Ketten- oder Bandsilikate. Sie kristallisieren in Nadeln oder Fasern, ein bekanntes Beispiel ist Asbest.
Bei höherem Polymerisationsgrad bilden die Tetraeder Schichtstrukturen aus. Zu diesen Schichtsilikaten zählen Talk, Kaolinit und Glimmer. Die letzte Silikat-Gruppe ist die der Gerüstsilikate, die sich durch ein dreidimensionales Gerüst auszeichnen. Dazu gehören Zeolithe und Feldspate, die weltweit am häufigsten vorkommen.
Technische Bedeutung von Silikaten
Ziegel, Fliesen und feuerfeste Tiegel werden aus dem Schichtsilikat Kaolinit produziert. Als Asbestersatz werden Alumosilikate oder Glimmer verwendet. Talk dient sowohl als Rohstoff in der Kosmetik-, Farben- und Glasindustrie als auch als Schmiermittel.
Zeolithe finden Anwendung als Ionenaustauscher bei der Wasserenthärtung und in Waschmitteln. Viele Silikate wie Granat, Olivin, Smaragd und Aquamarin werden als Schmuck- und Edelsteine geschätzt.
Siliziumdioxid – die häufigste Siliziumverbindung
Siliziumdioxid mit der chemischen Formel SiO2 kann formal als das Anhydrid der Orthokieselsäure betrachtet werden. Diese Siliziumverbindung ist Hauptbestandteil von Sand und kommt in der Natur in kristalliner und amorpher Form vor, wobei amorph bedeutet, dass die Atome keine regelmäßige Anordnung in einem Kristallgitter besitzen.
Die Farben der Schmucksteine werden durch Einlagerung von Metallatomen verursacht. Beispiele für amorphe Schmucksteine sind Opal und Jaspis. Im Tier- und Pflanzenreich findet man Siliziumdioxid in Kieselalgen, Schwämmen, Strahlentierchen, Bambus und Schachtelhalmen.
Eigenschaften von Siliziumdioxid
Siliziumdioxid zeigt eine hohe chemische Beständigkeit, lediglich von Flusssäure wird es angegriffen. Es zeichnet sich durch einen sehr niedrigen thermischen Ausdehnungskoeffizienten aus. Werden ein Kubikmeter große Blöcke aus Edelstahl, Borosilikatglas und Quarzglas auf +500 °C erhitzt, nimmt das Volumen von Edelstahl um 28 Liter, das von Borosilikatglas um 5 Liter und das von Quarzglas nur um 1 Liter zu.
Die Siliziumverbindung ist ein guter elektrischer Isolator, wobei der spezifische Widerstand der amorphen Form mit einem Wert von 1018 Ω·cm einhundertmal höher ist als der der kristallinen Form. Siliziumdioxid hat einen Schmelzpunkt von +1713 °C und kann bei Dauergebrauchstemperaturen bis +1050 °C eingesetzt werden. Im gesamten sichtbaren Bereich ist die Siliziumverbindung transparent.
Verwendung von Siliziumdioxid
Der Hauptanteil dieser Siliziumverbindung wird zu Glas verarbeitet in Form von Fenstern, Flaschen und Trinkgefäßen. Auch in Porzellan und Emaille ist sie ein wesentlicher Bestandteil. Im täglichen Leben begegnet sie uns in Zahncreme als Binde- und Poliermittel, in Tablettenrörchen als Trocknungsmittel, in Gewürzen und Gewürzmischungen als Trennmittel sowie in Scheuer-, Schleif- und Poliermitteln.
In der Industrie ist die Siliziumverbindung ein wichtiger Rohstoff bei der Betonherstellung. Weiterhin wird sie als Füllstoff für Kunststoffe, Dichtmassen und Autoreifen verwendet. In der Halbleitertechnik wird Siliziumdioxid als Isolations- und Passivierungsschicht abgeschieden.
Quarzglas wird in Laboratorien in optischen Komponenten wie Linsen und Prismen sowie in Laborbehältern verwendet. Amorphes Siliziumdioxid kommt als Trägermaterial für die Chromatographie sowie für die Herstellung von Laborapparaturen und Küvetten zum Einsatz.
Hochreiner Quarz dient als piezoelektrisches Material in Kristalloszillatoren zur Frequenzkontrolle und -modulation sowie in Glasfasern als Übertragungsmedium.
Verbindungen von Silizium und Kohlenstoff
Die wichtigste Silizium-Kohlenstoff-Verbindung ist Siliziumcarbid mit der chemischen Formel SiC. Besser bekannt ist diese Siliziumverbindung unter dem Namen Karborund. Sie zählt zu den keramischen, nicht-oxidischen Hochleistungswerkstoffen.
SiC zeichnet sich durch eine sehr gute chemische und Korrosionsbeständigkeit sowie eine ausgezeichnete Hochtemperaturbeständigkeit aus. SiC-Keramiken können bis +1400 °C eingesetzt werden, unter Schutzgas sogar bis +1800 °C.
Außerdem besitzt Siliziumcarbid eine hohe Wärmeleitfähigkeit, die bei Raumtemperatur das Doppelte der Wärmeleitfähigkeit von Stahl beträgt, sowie eine geringe Wärmeausdehnung und damit auch eine gute Temperaturwechselbeständigkeit.
Verwendung von Siliziumcarbid
Anwendung finden SiC-Keramiken in vielen Bereichen. Aufgrund der chemischen und Hochtemperaturbeständigkeit werden Gleitringdichtungen und -lager aus Siliziumcarbid in der Erdölindustrie, Gasverarbeitungsindustrie und in der chemischen Industrie eingesetzt. Auch Komponenten für Feuerfest-Anwendungen wie Brennerdüsen, Strahl- und Flammrohre werden aus Siliziumcarbid gefertigt.
Wegen seiner hohen Härte wird SiC als Schleifmittel für optische Spiegel und Linsen verwendet. In Kombination mit anderen Materialien dient es als Hartbetonzuschlagstoff, um die Abriebfestigkeit von Industrieböden zu verbessern. In der Metallurgie wird es genutzt, um Gusseisen mit Kohlenstoff und Silizium zu legieren. In der textilverarbeitenden Industrie werden Führungs- und Umlenkelemente aus Siliziumcarbid verwendet. Auch Ringe aus Angelruten bestehen aus SiC.
Wegen seiner geringen Dichte und Wärmeausdehnung werden Spiegel und Spiegelhalterungen von Weltraumteleskopen aus SiC hergestellt. Der Spiegel des Herschel-Weltraumteleskop mit einem Durchmesser von 3,5 Metern wog nur 350 Kilogramm. Im Vergleich: Ein mit herkömmlichen Materialien produzierter Spiegel käme bei dieser Größe auf ein Gewicht von 1,5 Tonnen.
Verbindungen von Silizium und Stickstoff
Die bedeutendste Silizium-Stickstoff-Verbindung ist Siliziumnitrid mit der chemischen Formel Si3N4. Sie ist ebenfalls ein nicht-oxidischer, keramischer Hochleistungswerkstoff. Ihre Dichte liegt mit 3,44 g/cm3 etwas über der Dichte von Siliziumcarbid, ihre Härte ist jedoch niedriger. Ebenso wie SiC besitzt sie eine sehr gute chemische und hervorragende Temperaturbeständigkeit.
An Luft kann Siliziumnitrid bis +1300 °C, unter Schutzgasatmosphäre bis +1600 °C eingesetzt werden. Si3N4 zeichnet sich durch eine sehr hohe Bruchzähigkeit, gute Biegefestigkeit, ausgezeichnete Temperaturwechselbeständigkeit. Mit einem spezifischen Widerstand von 1012 Ω·cm gehört es zu den elektrischen Isolatoren.
Verwendung von Siliziumnitrid
Siliziumnitrid-Keramiken werden in der metallverarbeitenden Industrie vielseitig eingesetzt. Als Hochleistungsschneidewerkzeuge werden sie zum Zerspanen von Eisengusswerkstoffen, rostfreien Stählen und Nickellegierungen verwendet. Bei der Metallumformung werden Walzen aus Siliziumnitrid gegenüber Walzen aus Hartmetall bevorzugt, da sie sich durch längere Standzeiten auszeichnen. Auch Stanz- und Umformwerkzeuge werden aus diesem Werkstoff produziert.
In der Halbleitertechnologie finden Siliziumnitrid-Schichten Anwendung als Isolationsschichten. In Rasterkraftmikroskopen, mit denen die Atome einer Oberfläche abgebildet werden können, bestehen die Messspitzen aus Silizium und einer Siliziumnitrid-Schicht, um die Spitze vor mechanischem Verschleiß zu schützen. Wegen seiner Biokompatibilität kommt es auch als Ummantelung von Herzschrittmachern zum Einsatz.
Siliziumverbindungen spielen in unserem Leben eine wichtige Rolle. Nicht nur als Haushaltsgegenstände, in Baumaterialien oder in optischen Komponenten sind sie unverzichtbar geworden. Auch die „moderne“ Kommunikation wäre ohne Silizium und seine Verbindungen nicht möglich. Zudem haben sie sich in der Industrie als Hochleistungswerkstoffe etabliert. Nicht zuletzt werden sie als Schmuck- und Edelsteine geschätzt.
Bildquellen: Beitragsbild | © michal812 – stock.adobe.com Carbon-Bremsscheiben der Fa. Porsche | © Daderot, CC0, via Wikimedia Commons Siliziumnitrid-Kugellager | © David W. Richerson and Douglas W. Freitag; Oak Ridge National Laboratory (federal lab.), Public domain, via Wikimedia Commons